Weblog-Archiv 2008

01. Jänner 2008

Wiener Klassik

Kurz ins Neujahrskonzert hineingeschaut. War scho a bisserl fad.

Wenn’s daran lag, dass der Dirigent halt schon 83 Jahre auf dem Buckel hat, na sollätn’s halt jetzt yingere Leit des a-amal machen lassen.

28. Jänner 2008

Good news from Germany

Aus Deutschland erreichen uns gute Nachrichten: Der Koch hat mit seinem ausländerfeindlichen Wahlkampf offenbar ein Eigentor geschossen und bei den Wahlen in Hessen deutlich an Stimmen verloren.

Das ist doch mal eine gute Nachricht! Und es macht Hoffnung, dass auch der deutschnationalen Boykottkampagne gegen einen Handyhersteller, bloß weil der im Zuge seiner verbraucherfreundlichen Preisgestaltung die Fertigung von dort weg und nach Rumänien verlagert, am Ende ein ähnlicher Misserfolg beschieden sein wird.

31. Jänner 2008

Club 2

Gestern war ich zum zweiten mal beim Zappen im wieder aufgelegten „Club 2“ gelandet, in der Talkrunde des ORF, von der es immer heißt, die Vorgängerin gleichen Namens sei legendär gewesen.

Bei meinem ersten Besuch dort hatten sie über „Atheismus“ getalkt und sie ließen trotzdem die anwesenden Pfaffen ausreden. Das war schon wirklich keine Diskussionskultur! Gestern nun ging es um die die Österreicher in aller Welt bewegende Frage: „Wem gehört der Opernball?“

Erstens gehört er, weiß ich nun, anteilig all jenen, die ihre Eintrittskarten und Logen Jahr für Jahr teuer bezahlen. Zweitens gehört er jedoch weit mehr noch all den Milliarden von Österreichern in aller Welt, die, würde er nun abgeschafft und nicht mehr im Fernsehen zu sehen sein, definitiv heut Abend nichts mit sich anzufangen wüssten. So gesehen gehört er drittens also auch der Quote, und dem ORF, wenn auch, wie dazu kritisch angemerkt wurde, dessen Berichterstattung über ihn, viertens, einmal gründlich reformiert gehört. Schön wäre es zum Beispiel, wurde ein Wunsch in diese Richtung geäußert, wenn nicht immer bloß die gleiche Prominenz, sondern öfter auch einmal menschliche Bilder zu sehen wären, wie dasjenige aus dem letzten Jahr von der erschöpften Tänzerin, die sich unbeobachtet wähnte und ein wenig abseits im Saale sich die Schuach von den schmerzenden Füßen zog und sich dabei aber auch weiterhin noch beseelt im Walzerrhythmus wiegte. Denn fünftens gehört so etwas zum Wien-Image einfach mit dazu; weshalb der Opernball denn auch, sechstens, der Tourismusindustrie gehört. Nicht verschwiegen werden darf schließlich noch, dass er, siebtens und letztens, abgeschafft gehört. Aber das war in dieser Talkrunde nur die Meinung einer kleinen und konfus vor sich hin stammelnden Minderheit.

Der alte Club 2 war legendär, höre ich immer, wegen seiner kontroversiellen Themen. Im neuen habe ich jetzt schon zweimal viel gelernt und damit aber auch schon wieder genug gesehen vom typisch österreichischen, vom ORFentlich-rechtlichen Umgang mit den kontroversen Themen.

04. Februar 2008

Schluss mit dem Gefaste!

Im Standard ist heute ein Artikel auf der Medizinseite mit der Frage überschrieben: „Ist Fasten eine jahrtausendealte Tradition zur Gesundheitsprävention?“ Ich habe den Text nicht gelesen, aber dass dem jahrtausendealten Unfug mit dem Fasten ein guter Schweinsbraten jederzeit vorzuziehen ist, weiß ja jedes Kind.

Ein gut zubereiteter Schweinsbraten stärkt Leib und Seele ungemein und somit auch die Abwehrkräfte. Seit tausenden, nein, seit zehntausenden von Jahren schon ist er ein bewährtes Mittel zur Krankheitsprävention. Daneben hilft er noch zur Abmagerungsprophylaxe.

07. Februar 2008

EM-Tagebuch

Ayayayayay!!!
Scho wieda valuhrn, gestern.
0:3 gegen die Deitschen.
Untaganga samma.
Paniern werns uns.
Ka Chance werma hahm im Sommer bei der EM im eignen Land.
Ballesterisch sammer hoid eh die reinen Lamperln zurzeit.
Ausscheiden werma, mit Pauken und Trompeten.
Nix als blamiern werma uns.
Ayayayayay!!!

22. Februar 2008

Wirtschaftsweise

Die Prognose für’s Wirtschaftswachstum in Deutschland wurde jetzt auf nur noch 2 Prozent in diesem Jahr herunter korrigiert.

Das war ja zu erwarten. Es ist eine Konsequenz aus der dort seit Anfang des Jahres geltenden rigiden Nichtrauchergesetzgebung.

26. Februar 2008

Mir san Oscar

Ein einziger Freudentaumel ist um mich herum, weil ein österreichischer Film, den zwar bis jetzt kaum jemand hat sehen wollen, weil er sich schon wieder mit dieser nervigen NS-Zeit beschäftigt, den Oscar für den besten nicht-englischsprachigen Film gewonnen hat. Er wird jetzt also wohl doch noch angeschaut werden, und alle hier sind mächtig stolz.

Ich hingegen habe aus der NS-Zeit u. a. auch die Lehre gezogen, dass diese seltsamen Denkstrukturen, die einen da auf etwas stolz sein lassen, wofür man gar nichts kann, dass solche nationalen Klammern von allergrößtem Übel sind. Im vorliegenden Fall mögen sie vielleicht bloß – oberflächlich betrachtet – zu einem verstärkten Kinobesuch führen, (was dem Film ja durchaus zu wünschen ist,) aber nicht zu selten führen sie eben auch geradewegs in den Faschismus.

03. März 2008

Gustloff

Gestern in den Fernseh-Zweiteiler hineingeschaut, wo es um die Versenkung der „Gustloff“ ging, in der Ostsee 1945.

In der üblichen Katastrophenfilmmanier bekam man da Einzelschicksale von Leuten vorgeführt, von Männern, Frauen und Kindern, böse Nazis darunter, auch gute, die aber alle etwas gemeinsam hatten: Sie hatten etwas zu verbergen, denn sonst wären sie wohl kaum alle panisch vor der Roten Armee weggerannt, sondern sie hätten sie dann, wie alle normalen Leute in dieser historischen Situation, als Befreier erwartet, bejubelt, begrüßt.

Nach etwa 15 Minuten fragte ich mich, wann da endlich mal ein paar Bomben und Torpedos wie angekündigt ordentlich dreinfahren würden in diese neuerliche Vilsmaiersche gewohnt originalgetreue Trachten- und Uniformensammlung. Nach 20 Minuten wurde mir dann mit Entsetzen bewusst, dass es sich, wie erwähnt, um einen Zweiteiler handelte und an diesem Abend mit antifaschistischer Action in nennenswertem Ausmaß gar nicht mehr zu rechnen sein würde, und so zappte ich dann doch lieber schnell weiter.

20. März 2008

Das ist doch klar,
wie das alles zusammenhängt!

Dass jetzt die US-Notenbanken ihren Leitzins senken,
geschieht, um uns vom schlimmen Schicksal unsrer Geiseln abzulenken.
Der Dalai Lama predigte dann noch Gewaltverzicht,
und prompt kommt auch die Neuwahl just zur Euro
jetzt noch nicht.

27. März 2008

EM-Tagebuch

Wie da gestern die 3:0-Führung der Österreicher gegen die Niederlande doch noch in eine 3:4-Niederlage umgewandelt wurde – das war, denke ich, eines zukünftigen Europameisters würdig!

Denn den Anweisungen des Trainers dermaßen exakt Folge zu leisten: Erst diese Gegner von Weltformat schwindlig zu spielen und zu zeigen, dass ein paar Törchen Vorsprung auch gegen eine solche Spitzenmannschaft zu erreichen für dieses Team keinesfalls utopisch ist; dann aber noch dazu in der zweiten Halbzeit, um die Konkurrenten so kurz vor der Euro nicht mit solch einem Kantersieg aufzuschrecken und auf dass sie den Gastgeber, diesen fußballerischen Gartenzwerg im Juni auch weiterhin sträflich unterschätzen mögen, den zuvor vorgeführten Gegner noch gewinnen zu lassen, aber auch nicht zu hoch, damit sich die Enttäuschung der eigenen Fans eben noch so in Grenzen halte und von wegen der bis in den Juni noch zu entwickelnden Europhorie – es war beeindruckend! Das war vorbildlich, wie all diese Anweisungen des Trainers Wort für Wort in die Tat umgesetzt werden konnten. Es war gewiss alles andre als einfach. Im Vorlauf auf die Euro im Juni hier im eigenen Land bin ich seit gestern jetzt noch voller voller Zuversicht.

03. April 2008

Bericht aus dem Nichtraucherparadies

Die letzten Tage hatte ich mal wieder in meiner alten Heimat verbracht. Es handelt sich dabei bekanntlich um Deutschland, und ich will mich mit meinem Bericht aus Nürnberg beschränken auf die Schilderung meines Besuchs in einem dieser neuen Nichtraucherparadiese.

In sämtlichen Gaststätten dort ist nun also das Rauchen seit Jänner generell untersagt. Folglich sind sie ganz überwiegend ziemlich leer. Die Leute ziehen es dann logischerweise vor, daheim zu trinken. Um diesen Effekt abzumildern, der ja doch so eine Wirtschaft erheblich schädigt, hat die Gastronomie verschiedenste Maßnahmen ergriffen. Das geht von einfachen Stehaschenbechern vor den Kneipen, über Wolldecken, die auf Sesseln und Bänken vor den Beiseln bereitliegen, auf dass sich die aus dem Gaststätteninnern verbannten Raucher in sie hineinhüllen können, (denn unser nördliches ist ja doch in dieser Jahreszeit noch ein empfindlich kühles Nachbarland,) bis hin zu manchmal kompletten provisorischen Raucheranbauten im „Freien“ an die Gaststätten, mit Windschutzwänden, Regendach und Heizung, so dass man in diesen Fällen eigentlich schon fast von eigenen Raucherräumen sprechen könnte, wenn solche einzurichten und zu unterhalten nicht zu Jahresanfang eben strikt verboten worden wäre.

Auf der andern Seite gibt’s aber auch in der Gastronomie einige Raucherfeinde. Da gibt es z.B. Beisel, die einen großen Gastgarten haben, aber auf diese Tische im Freien demonstrativ keine Aschenbecher stellen, (von bereitgelegten Decken ganz zu schweigen,) sondern trotzdem bloß demonstrativ zwei große Standaschenbecher am Eingang zu diesem Gastgarten bereit stellen. Oder es kann auch vorkommen, dass man am Boden vor dem Eingang einer Kneipe einen normalen und einfachen, kleinen Aschenbecher stehen sieht, wie einen Hundenapf sozusagen und wie als eine zusätzliche Demütigung für die vor die Türe gewiesenen Raucher.

Auf der anderen Seite kann man sich aber über ungenügendes Entgegenkommen als Raucher im Allgemeinen eigentlich nicht beklagen. Damit lässt sich offensichtlich doch auch gutes Geld machen. Ausgerechnet McDonald’s z.B., vormals ja quasi Avantgarde in der gastronomischen Raucherbekämpfung, ist in Nürnberg jetzt schon dazu übergegangen, sämtliche seiner Tische im Freien mit Aschenbechern auszustatten.

Überhaupt lässt sich sagen, dass an allen Ecken und Enden nach Möglichkeiten gesucht wird, das Rauchverbot zu umgehen oder seine Folgen wenigstens abzumildern. Nur bei den sogenannten „linken Kneipen“ und Etablissements, hörte ich, kam überhaupt nichts. Die haben sich fast alle völlig klaglos und phantasielos in ihr Schicksal gefügt. Ist’s eine Frucht der Grün-rauchfreien Politik? Die haben ja schließlich mit dem ganzen Unsinn angefangen …

Am härtesten war’s in einer meiner ehemaligen Lieblingsgaststätten. Weil sie dort immer mal wieder auch Ärger hatten mit der Nachbarschaft wegen des nächtlichen Lärms, gestatten sie dort den Rauchern nicht einmal, die Gläser mit vor die Tür zu nehmen für die Dauer eines Tschicks. Und Leuten, die sich trotzdem dann und ohne Glas halt dann auf eine Zigarette nach draußen begeben, kann es dort passieren, dass eine Polizeistreife vorbeikommt und ihnen einen behördlichen Platzverweis erteilt. Das ist dann schon wirklich ungemütlich für so einen Raucher! Da sieht das Ganze dann schon wirklich aus wie ein groß angelegter totalitarismuskritischer soziokultureller Versuch, so nach dem Motto: Schaumer mal, was die Leut it sich machen lassen, wenn wir ihnen von Seiten des Staates einmal so richtig apartheidähnliche Strukturen verordnen.

Viele sagen ja: Mit uns nicht! In Nürnberg soll’s angeblich schon 200 Gaststätten geben, die in Raucherclubs umgewidmet wurden. In einem davon konnte ich das absurde Schauspiel beobachten, dass ein militanter Nichtraucher darauf bestand, anwesend bleiben zu dürfen, aber den Mitgliedsbeitrag nicht bezahlen wollte. Denn er wäre ja schließlich Nichtraucher! Und zu so etwas hätte er nicht für ein totales Rauchverbot gekämpft!

Ach, wäre das schön, wenn die Behörden dort in zwei Wochen verlautbaren würden: „Ällabätsch! War eh nur ein totalitarismuskritisches Experiment! So wie bei Milgram. Oder wie bei der Welle. Ihr seid schon überwiegend ganz schön anfällig dafür, Leute, alles Mögliche mit euch anstellen zu lassen, hat sich jetzt wieder gezeigt. Macht euch mal Gedanken drüber, ey!“

06. April 2008

Ölösung

Die „spanische Lösung“ hatte ich vorgeschlagen im nicht enden wollenden Konflikt zwischen Nichtraucherfanatikern auf der einen und den Genuss- und toleranten Menschen auf der anderen Seite: Dass pragmatisch wie in diesem sympathischen Land durch eine Kennzeichnung gleich am Eingang zu allen Gaststätten zu erkennen sein sollte, ob darinnen geraucht werden darf oder ob dort mit Atmosphärenvergiftung durch antihedonistische Rauchernichtleidenkönner zu rechnen ist.

Jetzt hat in diesem Zusammenhang der Bundeskanzler Gusenbauer vor kurzem von einer „österreichischen Lösung“ gesprochen, die für die Problematik sicher gefunden werden könne, auch wenn noch nicht klar ist, wie sie am Ende genau aussehen wird.

Was erwartungsgemäß natürlich gleich wieder den Serientäter „Rau“ mit einem seiner richtungsweisenden Statements auf der Titelseite des Standard auf den Plan rief. Und so wurde neben meiner „spanischen“ und Gusenbauers „österreichischen“ jetzt noch Raus „Ö-Lösung“ in die Debatte geworfen, die aber, auch wenn sie so ähnlich klingt, keine „Erlösung“ ist oder bringt, sondern ihr Dasein in der Welt nur der Tatsache verdankt, dass „Die österreichische Lösung“ als Überschrift für den zweispaltigen Kurzkommentar zu lang war; dass ihre wahrscheinlich doch recht flüchtige Existenz also den Gesetzen des Formats geschuldet ist, ganz so, wie es dort ja auch bei der Wiedergabe der Autorennamen der Fall ist, für die ebenfalls nur drei Buchstaben vorgesehen sind, eben: „Rau“. Bei welcher Abkürzung dann aber doch die Eingeweihten jedenfalls wissen, dass der Text von jenem nun schon bekannten NichtRAUscher verfasst wurde, der, wenn es um diese heikle Thematik geht, regelmäßig in Rage gerät, weil er dann mit großem Eifer für eine Erlösung der Welt von der Raucherpest eintritt, was nun eben die „Ö-Lösung“, dieser sein aus Platzmangel geborener Neologismus, auch wenn er so ähnlich klingt wie eine „Erlösung“, wie Rau im Folgenden darlegen wird, gerade nicht zu tun verspricht. –

Die Ö-Lösung

Bundeskanzler Gusenbauer ist überzeugt, dass bei den Verhandlungen zwischen SPÖ und ÖVP über den Nichtraucherschutz eine „österreichische Lösung“ gefunden werden könne. Dies ist das Stichwort für schlimmste Befürchtungen. „Österreichische Lösung“ kann in Ausnahmefällen so etwas bedeuten wie „vernünftiger Pragmatismus“, „Vermeidung von Radikalismen“, „halbwegs tragbarer Interessenausgleich“.

Ein kluger Kopf hatte das Österreichische seinerzeit auch einmal beschrieben als „Barbarei, gemindert durch Schlampigkeit“. Aber Rau duldet, was dies Problem angeht, nichts Gschlampertes. Denn –

Meist bedeutet es „verschmiemelte, verlogene, augenauswischende Nichtlösung“. Beim Nichtraucherschutz wird wohl Letzteres herauskommen.

Und also nicht etwa „vernünftiger Pragmatismus“ oder ein „halbwegs tragbarer Interessenausgleich“. Nicht zuletzt Rau wird dafür sorgen. Und also prangert er – weiter im Text – in diesem Sinne an:

Die Gesundheitsministerin macht den Kniefall vor der Raucher- und Wirte-Lobby schon präventiv (und verwendet Material der Tabakindustrie über angebliches Pub-Sterben in Irland).

Und merke: Gesundheitsministerin + Kniefall + Raucher- und Wirte-Lobby + Material der Tabakindustrie + Pubsterben = ein angebliches Pubsterben.

Nichtraucherschutz sieht in der Praxis so aus, dass meist die unattraktivsten Ecken des Restaurants für Nichtraucher reserviert sind –

bzw. werden sie durch solch eine Umwidmung auch regelmäßig erst dazu. Rau fragt sich aber natürlich nicht, warum das so ist. –

oder, –

so sehe der Nichtraucherschutz andrerseits auch manchmal in der Praxis aus, dass, –

wie in einem Bierlokal im Wiener alten AKH, die Nichtraucherzone ab 17 Uhr schlagartig zur Raucherzone wird. Die „räumliche Trennung“ funktioniert jetzt schon fast nirgends.

„Fast nirgends“ ist gut! In Deutschland funktioniert sie ja doch bestens! Geh doch auffi, möchte man ihm da zurufen, wenn dir hier was nicht passt!

Und so hat man sich auch die „österreichische Lösung“ beim Nichtraucherschutz vorzustellen.

Na, na! Immer gleich wieder am Jammern und Lamentieren. Dann nehmen wir halt doch die Spanische: Nichtraucher, die nicht ständig der Allgemeinheit auf die Nerven gehen, bekommen ganz pragmatisch ihre eigenen Lokale und dürfen dann auch weiterhin im Land bleiben.

Nachtrag
Mitte April 2008

Das ist nun eben die Art von Wirkungslosigkeit meiner Literatur, die ich hasse wie die Pest: Dass da erst so ein extrem autoritär veranlagter Charakter ans Licht der Öffentlichkeit geraten muss, der seine Familie über Jahrzehnte tyrannisiert und im Keller festgehalten hat, bis sich auf ganz anderem, von mir zuvor beackerten Terrain die von mir vorgeschlagene, eine pragmatische, die nicht-autoritäre Lösung durchsetzt.

Im lange schon schwelenden Konflikt zwischen Rauchern und militanten Nichtrauchern fand dieses jetzt wieder so statt. Auf dem unten abgebildeten Auszug aus dem Standard wird auf der rechten Seite bekannt gegeben, dass die österreichische Lösung in der Nichtraucherfrage nun doch, bei den kleineren Gaststätten jedenfalls, so in etwa auf die von mir favorisierte, auf die „spanische Lösung“ hinauslaufen wird. Und für den Kommentar links wurde der bisherige Hardcore-Nichtraucher-Ideologe im Standard „Rau“ abgestellt und stellt den Zusammenhang zwischen den beiden Problematiken her, indem er aus erwähntem aktuellen Anlass nun doch plötzlich allen autoritären Anwandlungen und Lösungsansätzen eine generelle und strikte Absage erteilt.

(Ja, ja, ich weiß schon: Diese Nebeneinander- und In-Bezug-Setzung beider Texte ist natürlich eine rein polemische, indem sie zum Beispiel ganz unzulässig analogisiert. Aber wenn sie das auch ist, so stammt sie ja doch nicht von mir, sondern von der Titelblattredaktion des Standard. Und von meiner Seite aus kann ich da nur hinzufügen: Solange es so bleibt, ist’s mir recht. Damit wäre der Fall dann für mich erledigt.)

Nachtrag und Faksimile

20. April 2008

Billigjobs

Auf derselben Seite im Wirtschaftsteil des Standard dann noch die Kurzmeldung: –

Immer mehr Deutsche haben Billigjobs – Berlin – Bereits mehr als jeder fünfte in Deutschland war 2006 Geringverdiener, heißt es in einer Studie. Der Niedriglohnanteil stieg von 1995 bis 2006 um gut 43 Prozent auf rund 6,5 Millionen Beschäftigte. Deutschland hat demnach im Vergleich zu Dänemark, Frankreich und den Niederlanden den höchsten Anteil von Billigjobbern unter den Beschäftigten.

Da schau hin, Lidl! So geht’s doch eben auch. Die bekommen doch auch genau das ausbezahlt, was ihnen zusteht!

20. April 2008

Lidl

Im Standard steht in der Wochenendausgabe zu lesen: –

Diskonter Lidl gerät auch in Österreich unter Druck – Wien – Nach der Affaire rund um Bespitzelung von Mitarbeitern in deutschen Filialen gerät Lidl nun auch in Österreich ins Kreuzfeuer der Kritik. Grund sind offenbar markante Unregelmäßigkeiten bei der Arbeitszeiterfassung: Mitarbeiter des Diskonters würden dazu genötigt, mehr zu arbeiten, als sie bezahlt bekommen, berichtete das ORF-Fernsehen gestern, Freitag, und beruft sich auf die Aussagen einer früheren Lidl-Mitarbeiterin. Schriftlich erfasst dürften demnach maximal zehn Stunden täglich werden, gearbeitet werde aber meist elf bis zwölf Stunden. Wer die Unterschrift auf den Stundenerfassungsblättern verweigere, riskiere den Job …

Irgendwo hatte ich so etwas schon einmal gelesen: Dass da die Angestellten eine bestimmte Zeit für ihr eigenes Auskommen gearbeitet hätten, und alles, was sie darüber hinaus an Wert schufen, behielt da die Firma einfach für sich! „Mehrwert“ oder auch „Profit“ wurde der Geldgewinn genannt, der entsteht, wenn „Mitarbeiter dazu genötigt werden, mehr zu arbeiten, als sie bezahlt bekommen“.

Lidl treibt’s doch einfach zu bunt! Erst bespitzeln sie in Deutschland ihre Mitarbeiter, und jetzt zielen sie auch noch hier in Österreich auf einen Profit!

21. April 2008

EM-Tagebuch

Heute habe ich zum ersten Mal den offiziellen EM-Song von Christel Stürmer gehört.

Im Interview sagte sie dazu, eigentlich sei sie an Fußball überhaupt nicht interessiert. Und doch freue sie sich jetzt schon sehr auf diesen großartigen bevorstehenden Event. Wenn sie gesagt hätte, dass sie sich nicht darauf freuen würde, dann hätte mich das mehr verblüfft.

Über den Song selbst kann ich noch nichts Genaueres sagen. Dazu muss ich ihn erst noch ein paar hundert Mal hören.

26. April 2008

EM-Tagebuch

Kurz hatte ich mir überlegt, meine Rubrik EM-Tagebuch, kurz bevor es jetzt bald richtig losgeht, noch umzubenennen, und zwar in „Euro 2008-“, oder auch in: „EURO-Tagebuch“. Aber dann würden wahrscheinlich Lizenzgebühren für mich fällig werden, und so kam ich dann auch gleich wieder davon ab.

02. Mai 2008

Wacht auf, Verdammte dieser Erde

„… denn wir werden es nicht zulassen, dass wegen dieses einen geisteskranken Täters in Amstetten jetzt wieder das ganze ideale Gemeinwesen, das wir uns hier in Österreich aufgebaut haben, in Frage gestellt und in den Schmutz gezogen wird“, oder so ähnlich soll Gusenbauer gestern vorm Rathaus gesprochen haben. Welch eine Themaverfehlung! Gusenbauer ist eben als Redner auf einer Maikundgebung eine klare Fehlbesetzung.

08. Mai 2008

EM-Tagebuch

Die Konkurrenzligen sind noch mit ihren jeweiligen Saisonfinals beschäftigt, da ist unser österreichisches Team schon mitten drin in der EM-Vorbereitung: Nur die „Legionäre“ fehlten entsprechend also gestern noch, als es an der Generalaudienz des Papstes in Rom teilnahm und dort von diesem auch persönlich erwähnt und direkt angesprochen wurde. Der ÖFB-Präsident Stickler war dem Kirchenfürsten zuvor noch nie so nah gewesen und deshalb sehr ergriffen, und optimistisch, wie ich bin, denke ich mir: Wenn der Besuch den Spielern vielleicht auch nicht besonders viel genützt hat, so hat er ihnen doch auch sicher nicht geschadet.

15. Mai 2008

EM-Tagebuch

Terrordrohungen im Internet gegen den bevorstehenden Event. Die Behörden gehen den Hinweisen zwar nach, sehen aber auch keinen Grund zur Panik. Ich musste ebenfalls gleich dran denken: Hunde, die bellen, beißen ja nicht.

22. Mai 2008

Betreff: Israel

… stand über einer Email, die ich heute im Posteingang vorfand, und der Text lautete: – …

lieber victor,

sei nicht bös, aber damit muss ich dich jetzt einfach mal belästigen:

http://www.zeit.de/2008/21/J_Butler

finde dieses interview – ganz ohne kommentar – super.

lg X.

Und meine Antwort war: –

Lieber X.,
dass ich mit diesem Uri Avnery, der in dem Interview erwähnt wird, schon auf einem von mir moderierten Podium zusammensaß bei einem internationalen Kolloquium zu den Pogromen von Rostock, Hoyerswerda und Mannheim, wo er z.B. die kuriose These vertrat, dies läge daran, dass es den Deutschen an einem gesunden Patriotismus gebräche – ich kann da nix für.

Dass ich auch schon Stunden und Aberstunden meines Lebens damit verbracht habe, auf Foucaultschen Abwegen mit autonomen antipatriarchalen Genossen auch Judith Butlers „Unbehagen der Geschlechter“ zu diskutieren und das Buch auch noch in meinem ja ansonsten nicht eben überquellenden Bücherschrank stehen hab – da kann ich ebenfalls nix für. Hat sich halt so ergeben.

Aber dass ich im Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern klar auf der ersteren Seite stehe – das ist schon ganz richtig so. Da stehe ich zu.

Es bleibt mir nix anderes übrig. Ich mein, ich könnte jetzt auch mir einen möglichen dritten Weg herbeihalluzinieren, voll neutral oder so. Aber Butlers Interview zeigt ja, was dabei herauskommt. Auf alle die kritisch gemeinten Zwischenfragen des Oberstudienratsblattes geht sie nicht ein, und ihr Allheilmittel gegen alles heißt – und gelangt entsprechend auch in die Überschrift – „Radikale Demokratie“. Ansonsten verlangt sie von den Juden in bekannter Manier, sie sollten halt bittschön die besseren Menschen sein. Aber Auschwitz war eben keine Besserungsanstalt. Und die andere Seite, die Palästinenser, sind halt irgendwie verzweifelt, und werden alleine schon deswegen von Frau Butlers radikaler Demokratie leider rein gar nix wissen wollen.

Würde sie ihre eigenen Worte ernst nehmen, sie wäre ebenfalls auf Seiten Israels, wie ich es bin. Aber verkaufsfördernder ist da sicher der pseudoneutrale, ist ihr „dritter Weg“.

Auf welchem sie dann aber z.B. auch unterstellen muss, Israel wolle keinen Frieden und wolle den Krieg. Und als einzigen Beleg dafür führt sie an, die Palästinenser hätten ja weit mehr Todesopfer zu beklagen gehabt. Eine Superlogik, in der Tat.

Ich dagegen denke mir, dass „Israel“ nach der Frage „Wem nützt's?“ keinen Krieg mehr will. Wohingegen er aber Frau Butler ganz recht kommt. Er ermöglicht ihr ja doch, sich feuilletonistisch zu betätigen.

Bitte lieber keine solchen Belästigungen mehr ...

Trotzdem einen Gruß, und einen schönen Tag,

Victor

28. Mai 2008

Betreff: Re: Israel

Der gute Bekannte, dem ich auf sein Schreiben auch hier geantwortet hatte, antwortet mir auf meine Antwort (und wenn es mehr solch sorgfältig formulierte Einsprüche und Kritiken geben würde, dann wäre ich glatt noch versucht, doch noch ein Gästebuch einzurichten …):

Lieber Victor,

auch und gerade weil es keinen Sinn macht, mit dir über solche Belange zu streiten, folge ich deinem Verweis auf die Schriftlichkeit und reibe dir mein Problem mit der Haltung der Antideutschen einmal kurz unter die Nase.

In der Zuspitzung folgenden Punktes gehen wir, wie ich sehe, mit J. Butler konform: Die Lage ist schlecht, wenn nicht aussichtslos, die Palästinenser „wollen“ diesen Krieg, so wie Teile Israels (mit solchen der USA und gewiss mit den Antideutschen) diesen Krieg „wollen“. Gewiss will Israel den Krieg weniger als die Palästinenser (was hätte es auch zu gewinnen), bei den USA und besonders den Antideutschen (siehe deren Haltung zum Irakkrieg) ist mir das entgegen der rhetorischen Annahme Butlers schon weit weniger gewiss. Die bereits etwas bedächtig gewordenen USA ausgenommen verbleiben mit Palästina zum einen, Israel (und dessen vorauseilend unkritischen Antideutschen) zum anderen zwei tödlich sich ausschließende ideologische Projekte. Das Projekt Aufklärung ist hier wohl in der Tat an sein Ende, sprich: auf den Hund gekommen: Tertium non datur. Genau genommen sehe ich aber nicht einmal „ein Zweites“, bleibt doch eine Ideologie so schlecht wie jede andere. Der von den Antideutschen vollbrachte kritische Kurzschluss, diese mir an sich unbegreifliche Engführung, Vereinseitigung und letztlich Lahmlegung jeden kritischen Bewusstseins erkläre ich mir vorläufig damit, dass sie den Standpunkt der Erlösung, von dem aus nach Adorno nur mehr gedacht werden kann, gleich einmal mit dem Staat Israel identifizieren, womit sie dann auch schon die ganze kritische Theorie in der Tasche zu haben glauben.

Dass du den von dir so belächelten „dritten Weg“ anführst, um ihn mit jener fraglos utopisch anmutenden „radikalen Demokratie“ zu verwechseln, passt da durchaus ins abgenüchterte, von mir aus auch emphatische Konzept sich radikalisierender Komplexitätsverweigerung, das nach nichts anderem ausschaut oder Ausschau hält als nach Generallösung und Ideologie.

So viel zu deinem Schreiben, wie auch noch dieses: Ich will keinen Streit und keine endlose Diskussion darüber anstrengen, denn dies alles interessiert mich höchstens als unverstandenes und ärgerliches, da sich links gebendes, Kuriosum, und wo ich nun mal so gut mit dir bekannt bin …

Machs besser,

X.


Lieber X.,

da gibst du mir schon gut was zum Kauen.

Wenn du mir eine „Ideologie“ vorhältst, quasi als ein in sich geschlossenes Gedankensystem mit der dazugehörigen „Komplexitätsverweigerung“ und dem ebenso dazugehörenden Hang zu einfachen Lösungen (hier auch noch als „Erlösung“, die die Antideutschen angeblich von Israel erwarten, weil Adorno gesagt hätte, usw., usw.) – da kommt ja wirklich einiges zusammen.

Ideologien wollen wir also beide nicht. Das ist festzuhalten und ein guter Ansatz. Aber wenn du immer wieder davon sprichst, Israel wolle dies oder das – ist das vielleicht kein ideologisches Element? Wie kann ein Land etwas wollen, oder etwas nicht wollen? Wenn ein Land angeblich etwas will, dann sage ich, ist das Ideologie.

Den Vorwurf der Komplexitätsverweigerung würde ich versuchen, folgendermaßen zurück zu weisen: In praktisch allen Konflikten auf der Erde zwischen Nationalstaaten und/oder etwelchen Banden, die sich ihren eigenen erstreben und erkämpfen wollen, lehne ich mich entspannt zurück und sage mir, dass mich diese Vorgänge der ursprünglichen Akkumulation bzw. der Kapitalrentabilitätssicherung nichts angehen. Ich halte mich da grundsätzlich raus und ergreife da keine Partei, oder ich verfolge dann sehr wohl, wenn du so willst, einen unengagiert von außen zuschauenden „dritten Weg“. Is mir Blunzen, wie der Österreicher sagt. Dieses gewöhnliche Geschäft der Nationalstaatenbildung und -betreibung interessiert mich nicht. Das heißt jetzt aber nicht, dass mich die Vorgänge auf der Welt nicht interessieren würden. Und – um’s kurz zu machen – dass für meine Begriffe die Existenzen z. B. Österreichs oder Deutschlands jederzeit gern ersatzlos gestrichen werden könnten, die Existenz Israels für mich aber beim momentanen Stand der Dinge auf der Welt eine Voraussetzung ist, dass diese ganze Scheiße sich nicht in Kürze in die pure Barbarei verwandelt, ist dir das nicht möglicherweise doch schon hinreichend komplex?

Du hast ein bestimmtes Bild von den „Antideutschen“ gezeichnet, denen du mich zurechnest. Es mag darunter vielleicht tatsächlich solch unkomplexe Geister mit Hang zu einfachen Lösungen geben, wie du es unterstellst. Ich weiß es nicht. Denn ich bin nicht dabei. Wahrscheinlich ist es aber so. So etwas gibt’s wahrscheinlich in allen politisch agierenden Kollektiven. Sobald sie nämlich Wirkung erzielen und dann eben auch identitätsstiftend sein können, oder für das unkritische „Ticketdenken“ taugen, wie Adorno sagt.

Aber für mein Teil kann ich das rundheraus zurückweisen: Dass es mir bei meiner Empathie für Israel schlicht um „Erlösung“ gehe oder dergleichen. Da geht es für mich nur darum, Partei zu ergreifen, um das Allerschlimmste für den Moment zu verhindern, auf dass vielleicht später einmal auch ein Gutes möglich werden könnte.

Ich grüße dich,

Victor

02. Juni 2008

Hoheitszeichen

Besucherinnen und Besuchern in unsrer schönen Stadt Wien sei hiermit kurz erklärt, dass es sich bei den Fahrern jener Autos, die hier zur Zeit nicht zu selten vorkommen und recht eigenartig rot-weiß-rot beflaggt durch die Gegend fahren, in aller Regel nicht um Diplomaten handelt! Denn wenn es Diplomaten wären, dann würde es sich bei dem Anhängsel doch gewiss um eine Landesflagge handeln. Dessen Aufdruck gemahnt ja auch tatsächlich zuerst an eine, an die österreichische, und er enthält sogar einen Adler. Der aber, wenn man ihn sich genau anschaut, weder einen Hammer noch eine Sichel in Klauen hält, weshalb er dann doch ganz klar nicht unser Bundesvogel sein kann, der auf diese Werkzeuge bekanntlich ja auf keinem seiner Flüge verzichtet.

Ferner wird man bei genauerer Betrachtung jenes zum im Winde flattern gedachten Polyesterstücks noch das dezent aufgedruckte Logo eines hiesigen Boulevardbladels entdecken, und spätestens hier wird dann für jeden halbwegs Informierten die Ahnung zur Gewissheit, dass nämlich kein Diplomat hier in diesem Auto sitzen wird, sondern ein Trottel und Volldepp, wenn dieser auch nicht, wie’s zunächst den Anschein hatte, von der Zeitung mit dem Namen „Österreich“ zum Verschandeln seines Autos hin manipuliert worden ist, sondern – aber diese Winkelzüge im hiesigen Zeitungswesen sind für Auswärtige gewiss nur schwer zu verstehen – von einem vollkommen anders benannten, aber nicht um einen Deut weniger bescheuerten, einem zweiten hiesigen Halbanalphabetenblatt.

05. Juni 2008

Richtig wünschen

Kürzlich wurde mir schon zum zweiten Mal empfohlen, zur Beförderung meiner dahindümpelnden Karriere möge ich doch den bekannten Bestseller Richtig wünschen lesen. Denn dieses richtige Wünschen – es funktioniert tatsächlich!

Ich warte auch nur noch die Übersetzung in ein paar afrikanische Sprachen ab, und wenn es dann tatsächlich hilft, wenn ein paar von den armen Kindern dort sich genügend zu Essen und dergleichen nicht mehr einfach irgendwie, sondern dann auch richtig wünschen, dann kaufe und lese ich das Buch gleich als nächstes.

06. Juni 2008

Störfall

Wenn da Kühlwasser austritt,
Und die Kernschmelze droht,
Ist ein zügiges Teamwork
Dann das erste Gebot: –

Der Erste holt den Notfallplan.
Der Zweite fährt die Kiste runter.
Der Dritte ruft die Nachbarn an,
Und macht sie falls es Nacht ist munter.

Der Erste hat’s ganz wohl getan.
Dem Zweiten war das Glück auch hold.
Der Dritte rief die Nachbarn an,
ganz wie er es auch machen sollt’.

Doch hat dabei er einen Fehler gebaut.
Und damit nun sich sicher die Laufbahn versaut.
Denn obwohl der Kern gar noch nicht heiß genug war,
Nahm der Mann gleich das Kernschmelzalarmformular.

Und so hat er doch einige Panik verbreitet,
die Eil’ hat ihn wohl zu dem Fehler verleitet.

Doch wenn’s auch erschreckte,
So war’s doch auch gut,
Indem man entdeckte,
Was künftig Not tut: –

Wenn der Kern gar nicht schmilzt,
wie’s auch diesmal war,
Nimmt man nie dieses
Kernschmelzalarmformular!

09. Juni 2008

Österreich – Kroatien 0:1

Das gibt es normalerweise in Österreich nicht, hat sich René Aufhauser in der 3. Minute wohl gedacht, als er den Gegner im Strafraum umsäbelte, dass schon so früh im Spiel gegen einen Veranstalter ein Elfmeter gegeben wird. Bei der UEFA gibt es das aber doch. Der Referee hat dann aber trotzdem und wie als zum Ausgleich eine halbe Stunde später gegen Pogatetz nicht die glasklar verdiente gelb-rote Karte gezogen. Ein zweites Gastgebergeschenk, einen Elfer für uns in der zweiten Halbzeit oder so etwas Ähnliches, gab’s dann aber nicht mehr, obwohl die kroatische Verteidigung im Strafraum auch einmal heftig an Kienast gezerrt hatte. Trotzdem kam er noch zum Kopfball. Ach hätte er sich doch fallen lassen! Fair warmer wieder. Gut hammer gspüht. Jetzt geht’s am Donnerstag gegen Polen schon um ois. Noch aufzusteigen wird nicht einfach werden.

Die kroatischen Fans haben angesichts des Sieges ihrer Mannschaft, obwohl sie größtenteils in den Farben der faschistischen Ustasha gekleidet waren, nicht randaliert. 140 Deutsche haben ungeachtet des Siegs ihrer Mannschaft in Klagenfurt randaliert und antisemitische Sprechchöre gebrüllt und wurden danach von der Polizei festgenommen. Ein Polizeisprecher meinte, sie dürften wohl schon vor der temporären Wiedereinführung der Grenzkontrollen, die eben solches verhindern sollten, ins Land gekommen sein. Sie werden jetzt angeklagt, hieß es weiter, wegen Landfriedensbruchs, Sachbeschädigung, Körperverletzung, Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte, und dann wahrscheinlich ausgewiesen. Und eine Anzeige wegen Wiederbetätigung spielt’s nicht?

Ferner gibt’s noch zu berichten, dass sowohl die offizielle Wiener als auch eigenmächtig und spontan entstandene Fanzonen in Ottakring wie auch am Stefansplatz fest in Händen der großen Wiener kroatischen Kolonie und ihrer angereisten Gäste waren. Alle die Zuständigen waren zwar in jeder Hinsicht bestens vorbereitet. Aber dummerweise wollten dann zum Beispiel vom Happelstadion direkt nach dem Spiel zufällig 50.000 Leute auf einmal wieder weg, und wer konnte das ahnen? Dies überforderte natürlich auch den bestpräparierten Verkehrsbetrieb und selbst die allerneueste Software an der funkelnagelneuen U-Bahn-Station „Stadion“, die zur Zählung der Abreisewilligen und ihrer angemessen portionierten Zulassung auf den Bahnsteig installiert wurde, konnte, wie man hört, so schnell halt nun doch wieder nicht zählen, was dort für viel Chaos und Unmut gesorgt hat.

Der ORF schließlich ist noch für seine packende Vorberichterstattung zu loben. Wie da das österreichische Team im Wienerwald und das kroatische am Schottenring fast zeitgleich aus ihren Hotels kamen, (Prominente übrigens fast allesamt,) und einer nach dem andern in den Bus stiegen, wobei sie praktisch alle äußerst konzentriert wirkten und doch der eine und der andere noch die Zeit fand, in die Kamera zu winken, woraufhin sie sich dann, von Polizei eskortiert und von Fans mit aufmunterndem Beifall versehen, in Richtung Stadion chauffieren ließen, um dort dann nach einiger Zeit auch tatsächlich anzukommen – da schaltet man doch gern ein wenig früher ein. Eigentlich sehe ich solche Berichte, wenn ich’s mir recht bedenk, mit Abstand am liebsten.

20. Juni 2008

Österreich – Deutschland 0:1

Wien wurde nicht Córdoba. Córdoba wurde nicht Wien.
Córdoba ist immer noch Córdoba. Wien Wien.
Gijón ist weiterhin Gijón. Còrdoba nicht Toulouse, sondern Córdoba.
Und Wien ist auch weiterhin Wien.

Málaga ist eine mir gut mundende Eisgeschmacksrichtung. Stracciatella ebenfalls.
Paris ist die französische Hauptstadt. Wien aber, Wien ist anders.
Wien ist auch weiterhin Wien.

20. Juni 2008

Portugal – Deutschland 2:3

Allenthalben hört man, das Ergebnis wäre darauf zurückzuführen, dass Deutschland 1. eine typische „Turniermannschaft“ sei und 2. hätten sich da eben die „deutschen Tugenden“ wieder einmal durchgesetzt.

Das erste mag schon sein; das zweite leuchtet mir weniger ein. Sind die Portugiesen nicht ebenso pünktlich erschienen? Waren sie nicht ebenso sauber und ordentlich gekleidet? Haben sie nicht ebenso diszipliniert von der 1. bis zur 90. Minute durchgespielt und dabei alles gegeben? (Obwohl man bei diesem Ballack sicher Lust bekam, den Kram lieber vorzeitig hinzuschmeißen …)

Meines Wissens sind bisher alle die Mannschaften bei der diesjährigen EM zu ihren Spielen pünktlich erschienen, waren sauber und ordentlich gekleidet und haben diszipliniert durchgespielt. An den vielzitierten deutschen Tugenden kann’s also nicht liegen, dass aus irgendeinem Grund Freunde des Fußballs in aller Welt sich normalerweise (also wenn man nicht gerade in Deutschland ist,) wünschen, die Deutschen mögen das Spiel verlieren. Aber wenn es nicht an den deutschen Tugenden liegt, woran liegt es dann? An irgendetwas muss es ja liegen!

Und da denke ich eben: Es liegt am Ballack. Ballack ist eben genau das, was man sich in aller Welt unter dem geraden Gegenteil von einem fairen Sportsmann vorstellt.

22. Juni 2008

Russland – Niederlande 3:1 n. V.

Die Portugiesen waren nach dem zweiten Gruppenspiel bereits qualifiziert und bestritten ihr drittes vernunftgemäß mit der zweiten Garnitur, um den Stammspielern Erholung zu gewähren und auf dass sie keine Verletzungen oder Platzverweise riskieren sollten; verloren in diesem „zweiten Anzug“ gegen die Schweiz 0:2; um danach dann, wieder in Bestbesetzung, gegen die Deutschen auszuscheiden.

Die Kroaten waren nach dem zweiten Gruppenspiel bereits qualifiziert und bestritten ihr drittes vernunftgemäß mit der zweiten Garnitur, um den Stammspielern Erholung zu gewähren und auf dass sie keine Verletzungen oder Platzverweise riskieren sollten; gewannen auch im „zweiten Anzug“ noch gegen Polen 1:0; um danach dann, wieder in Bestbesetzung, gegen die Türken auszuscheiden.

Die Niederlande waren nach dem zweiten Gruppenspiel bereits qualifiziert und bestritten ihr drittes vernunftgemäß mit der zweiten Garnitur, um den Stammspielern Erholung zu gewähren und auf dass sie keine Verletzungen oder Platzverweise riskieren sollten; gewannen auch im „zweiten Anzug“ noch gegen Rumänien 2:0; um danach dann, wieder in Bestbesetzung, gegen die Russen auszuscheiden.

Die Spanier waren nach dem zweiten Gruppenspiel bereits qualifiziert und bestritten ihr drittes vernunftgemäß mit der zweiten Garnitur, um den Stammspielern Erholung zu gewähren und auf dass sie keine Verletzungen oder Platzverweise riskieren sollten; gewannen auch im „zweiten Anzug“ noch gegen Griechenland 2:1; und werden danach heute ebenso, wieder in Bestbesetzung, gegen die Italiener ausscheiden?

Diese Art von nächstliegender Fußballvernunft – sie war einmal. Den Rhythmus verlieren nennt man das wohl. Die Trainer werden draus lernen. Und so scheint es, als dürften sich künftig auch die Ticketbesitzer für die abschließenden Gruppenspiele sicher sein, dass auch Teams, die bereits qualifiziert sind, in eingespielter Formation und mit Toppspielern im Aufgebot auflaufen werden.

23. Juni 2008

Spanien – Italien 4:2 n. E.

Da lag ich wohl falsch mit meiner Prognose von gestern. Die Spanier haben gewonnen, obwohl sie im Spiel zuvor der Unsitte gefrönt hatten, die Toppspieler zu schonen und damit riskierten, wie die anderen vorzeitig qualifizierten Gruppensieger auch aus dem Turniertritt zu geraten und wie diese auszuscheiden.

Was ich bei meiner Prognose nicht bedacht hatte: Früher oder später mussten die Spanier ja mal, schon rein statistisch betrachtet, bei einem großen Turnier an einem 22. Juni gegen die Italiener nach einem Elfmeterschießen im Viertelfinale nicht ausscheiden.

26. Juni 2008

Deutschland – Türkei 3:2

Filigran. Verspielt. Keinen Übersteiger auslassend. Ferserlnd und gurkerlnd am laufenden Band. Aufreizend offensiv, immer mit einem Lächeln im Gesicht. Blitzschnell und überraschend kombinierend, kurz: aufregend schön anzuschauen hätte es ja auch sein können, das Halbfinale der Deutschen gegen die Türken. War’s aber nicht. Es war wieder der übliche Panzerfußball.

Eine stehende Redewendung in Deutschland lautet, dass am Sonntag, beim Finale, keiner mehr danach fragen wird, wie der Einzug dorthin zustande kam. Das Problem ist bloß: diese angeblichen Fußballliebhaber in Deutschland fragen sich schon während des Spiels nicht! Das ganze Drumherum ist ihnen ungleich wichtiger.

Dass da das ganze Land flächendeckend in den drei Farben tapeziert ist. Autos mit nicht ein oder zwei sondern möglichst mit sechs oder acht solchen Fahnen herumfahren. Dass alle Balkons und Fenster geschmückt sind. In jedem Garten eine Fahne steht. Selbst viele Hunde laufen momentan dort in Schwarz-Rot-Gold.

Dann, dass sie sich alle einheitlich kleiden, und sich zu möglichst vielen auf möglichst engem Raum versammeln und auf diese Weise dann zum Beispiel die größte Public Viewing Area Europas und der ganzen Welt bestücken, am Brandenburger Tor, und dass sie für 500.000 von ihnen errichtet wurde und dann immer noch zu klein ausfiel, weshalb sie bis zum Finale am Sonntag noch vergrößert werden muss – das macht solche angeblichen Fußballanhänger stolz.

Und solange sie auf solch megalomane Weise alle gemeinsam und in trautester Eintracht am so genannten „Sommermärchen“ weitererzählen können, das von einem Land berichtet, in dem nun alles wieder normal ist und solange sie sich weiterhin in aller Öffentlichkeit gegenseitig versichern können, dass sie jetzt gleich sein dürfen und zweitens besser sind als alle andern – so lange ist solchen angeblichen Fußballanhängern in der Tat „egal, wie das Ergebnis zustande gekommen ist“. Da kann man denen vermutlich sogar eine minutenlange Bild- und Tonstörung servieren und die sind trotzdem immer noch begeistert.

27. Juni 2008

Russland – Spanien 0:3

Die Spanier hatten da so gespielt, wie ich mir das vorstelle. Mit einem Lächeln im Gesicht. Obwohl sie vor Spielwitz nur so gefunkelt haben, hat die Übertragung dieses Mal in Bild und Ton 90 Minuten lang durchgehalten. Nicht so wie am Tag zuvor.

(Das war aber auch ein Pech gewesen! Gewitter und Regen und starker Wind, mitten im Sommer. Wer konnte das ahnen? Uns trifft’s aber auch immer besonders hart! Auch schon vor zwei Jahren bei der Eishockey-WM: Im Mai schon über 25 Grad Celsius! Damit konnte doch niemand rechnen! Da waren in der Folge Pfützen auf dem Eis in der Wiener Stadthalle ebenfalls nicht zu vermeiden gewesen.)

Zurück zum gestrigen Spiel. Bleiben jetzt also exakt noch die Spanier übrig, zum dem Spiel mit einem Lächeln im Gesicht gegen den sturen Kampf der deutschen Mannschaft noch zu einem letzten Triumph zu verhelfen und dieser bisher sehr ansprechenden EM eine maßgebliche spielerische Krone aufsetzen.

(Was wie gesagt die Fußballfreunde und -freundinnen in aller Welt mehrheitlich begrüßen würden, außer in Deutschland selbst, wo eine deutsche Niederlage momentan leider bloß einem pädagogischen Zweck dienen kann.)

Nachtrag
Ende Juni 2008

Vor einiger Zeit hatte die Alte Schmiede – Literarisches Quartier bei mir um eine solidarische elektronische Unterschrift nachgesucht. Denn sie wäre aus Geldknappheit und wegen Quartiernot im Moment akut in ihrem Bestand gefährdet.

Das Literarische Quartier veranstaltet ausgefinkelte, thematisch gegliederte und längerfristig angelegte Reihen von Literaturlesungen, weshalb ich auf meinen Antrag hin, dort lesen zu dürfen, auch zuerst einmal einen Bescheid bekam, ich müsse mich ein wenig gedulden; und dann, ein knappes dreiviertel Jahr später, einen zweiten Bescheid, ablehnender Natur: Meine Literatur würde bedauerlicherweise in keine ihrer ausgefinkelten, thematisch gegliederten und längerfristig angelegten Reihen passen. So mögen sie es mir bitte nachsehen, wenn ich jetzt auch ihnen meine Unterschrift verweigere. Doch wenn ich auch solche Nachträge formuliere, so bin ich doch nicht nachtragend: Wenn es das Quartier in der Schönlaterngasse nicht mehr geben sollte, dann dürfen sie ihre Lesungen gern auch in Halbs Mini-Museum abhalten.

30. Juni 2008

Deutschland – Spanien 0:1

Guuut so! Das Happy-End und Sahnehäubchen zu dieser eh schon sehr ansprechenden EM. Sich zum Sieg zu kämpfen war gestern. Spielerische Spiele wollen wir sehen! Und für die Fans in und aus Deutschland war der Ausgang des Spiels zudem noch pädagogisch wertvoll.

30. Juni 2008

Der Idiot

Was bin ich doch für ein Idiot! Das hätte ich mir doch wirklich leicht ausrechnen können, dass mir das Ministerium für Unterricht, Kunst und Kultur kein Stipendium für mein nächstes Buch geben würde. Nach all den Jahrzehnten des kontinuierlich und vollständig um mich versammelten Misserfolgs in allen Varianten – kein Preis und keine Förderung; keine Stadtschreiberstelle; kein Stipendium; kein Verlag; nicht auch nur ein in irgendeiner randständigen Lyrikzeitschrift abgedrucktes Gedicht; nicht auch nur eine fremdgedruckte Zeile! Da war es doch schon sehr wahrscheinlich, dass es vorerst auch in diesem Sinne weitergehen würde.

Und doch hat mich die Absage jetzt wieder einigermaßen hart getroffen. Weil ich nämlich ganz naiv an meinem nächsten Buch geplant hatte und nun plötzlich feststellen musste: Ich kann dieses Buch nun tatsächlich vorerst nicht schreiben!

Dies hätte nämlich der Anschaffung einer kleinen Bibliothek von 30, 35 Büchern bedurft. Denn ich kann dieses zweite Buch zum Thema „Zeit“ nicht wie das erste nur aufgrund von Recherchen aus der Leihbibliothek schreiben. Es hätte auch eine Endphase von zwei, drei Monaten lohnarbeitsfreier Zeit zu seiner Fertigstellung gebraucht, mindestens. Dies traf mich nun also schon wieder relativ hart, (weil naiv unvorbereitet,) dass ich das Buch nun aus finanziellen Gründen nicht schreiben kann.

Aber eine andere Erfahrung aus meiner jahrzehntelangen innigsten platonischen Liebesbeziehung zum Misserfolg in allen Erscheinungsformen sagt mir auch, dass ich auch diese neuerliche Enttäuschung nach einer gewissen Phase der Krise wohl bald schon in eine neue Phase offensiver oder wenigstens aggressiver Kreativität werde umsetzen können.

Dies läuft auch schon, ich merk’s auch schon. Das kommt ganz wie von selbst. Das fließt …

09. Juli 2008

Parlamentsdebatte

Gestern habe ich im Fernsehen die Debatte im Nationalrat verfolgt, wo es um den weiteren Weg bis zu den im Herbst anstehenden Neuwahlen ging. Man lebt ja hier. Man interessiert sich ja.

Aber keinem einzigen der Redner und auch keiner Rednerin war das Wohl der Menschen, die hier leben, auch nur einen einzigen Satz wert. Alle, alle breiteten sie sich bloß aus in ihren Reden über das Wohl und Wehe der Österreicherinnen und Österreicher. Es war direkt beängstigend.

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