Nein, da kommt jetzt nichts mehr. Sechs Verlage wären zwar theoretisch noch offen, aber die haben wahrscheinlich meine Sendung verschlampt, oder sie sind schon dazu übergegangen, den Autoren nicht mehr zu antworten und nichts mehr zu retournieren.
Heute war noch ein Nachzügler im Briefkasten. Ein Herr aus dem Literaturverlag D. schreibt: –
Sehr geehrter Herr Victor Halb,
Ihr Manuskriptangebot liegt nun schon seit Anfang Juli bei mir, ist aber erst jetzt aus dem ständig und rasant wachsenden Manuskripteberg wieder an die Oberfläche getaucht …
Er will damit sagen, das Manuskript sei wieder aufgetaucht. „An die Oberfläche tauchen“ gibt es nicht. Wenn einem die Oberfläche sehr wichtig ist, kann man auch sagen, es sei an der Oberfläche wieder aufgetaucht. –
Bitte entschuldigen Sie diese peinlich lange Wartezeit!
Ihr philosophischer Reisebericht ist sehr ansprechend erzählt, reich an Informationen und historisch-kulturellen Querverweisen. Aber unterm Strich scheint es eben doch nur eine (leicht fiktionalisierte) Reiseerzählung zu sein, ohne größeren literarischen, sprachlichen Aufwand geschrieben. Und da sind wir nicht der richtige Verlag dafür.
Mit freundlichen Grüßen und Dank für Ihr Vertrauen
Man hat’s doch wirklich nicht leicht! In jedem anderen Verlag werden sie es zu würdigen wissen, was das für ein großer „literarischer, sprachlicher Aufwand“ ist, bis man mit einem Text dahin kommt, dass man den beim Lesen nicht mehr merkt. Bei diesem Literaturverlag D. hingegen, wenn man ihn nicht mehr merkt, beschweren sie sich doch glatt darüber, dass man ihn nicht mehr merkt. Wie man’s macht, ist es verkehrt!
Aber das ist eben wahrscheinlich der Unterschied zwischen einem gewöhnlichen Verlag und einem „Literaturverlag“: Dass man den Büchern eines Literaturverlags vor allem auch den Aufwand anmerken muss, der in ihnen steckt. Und vermutlich haben sie deshalb auch sogar bewusst den Satz, den ich oben bekritelt hatte, genau so und nicht anders formuliert. Damit also auch jeder Brief, der aus diesem Literaturverlag abgeht, mit der Philosophie eines Literaturverlags im Einklang steht. Gemäß derer man eben dort, wenn ein Manuskriptangebot wieder aufgetaucht ist, nicht einfach so schreibt, dass ein Manuskriptangebot wieder aufgetaucht ist. Sondern in einem Literaturverlag sagt man es anders, ungewöhnlicher, expressionistischer. Man sagt es dann so: „Ihr Manuskriptangebot ist wieder an die Oberfläche getaucht“. Damit man diesem Schreiben wie auch den Büchern aus diesem Literaturverlag eben auch anmerkt, was das für ein großer sprachlicher und literarischer Aufwand war, der darin steckt.