Corona-Tagebuch (1), März 2020
20. März 2020
Die Corona-Partei - erste Gedanken zu einem vorläufigen Parteiprogramm?
Die Corona-Krise wird uns noch einige Monate lang begleiten, bestimmen, beeinträchtigen. Wir hamstern nicht, informieren uns in den Qualitätsmedien und verurteilen das chaosbefördernde Verbreiten von Fakenews und setzen unser Vertrauen auf medizinisch-wissenschaftliche Fortschritte. Zur Unterstützung der staatlichen Maßnahmen, um den Anstieg der Infektionen zu verlangsamen und den Kollaps der Gesundheitsversorgung möglichst zu begrenzen oder zu verhindern, gibt es zur Zeit keine vernünftige Alternative. Wir werden deshalb …
A.) die Notstandsmaßnahmen kritisch registrieren, beobachten und kommentieren.
B.) bestehen wir darauf, dass alle politisch administrativen Sonderrechte für Behörden und Institutionen wie auch die technischen Überwachungsmethoden wie zum Beispiel das staatliche Tracking nach Beendigung der Krise unverzüglich zurückgenommen und zurückgebaut werden mindestens auf den Stand vor Ausbruch der Krise.
C.) Das notwendige Einschränken der sozialen Kontakte während der Krise und die Isolation der Einzelnen wird menschlich gesehen eine große Belastung werden und ist (demokratie-)politisch eine Gefahr. [Digitale Kontakte und Diskussionen; Balkonkonzerte, täglich um 18 Uhr, und ähnliches; und bitte, trotz Lagerkoller, keine trotzigen Parties im Wald. Was ließe sich da vielleicht noch tun?]
D.) Die Krise ist aber vor allem auch eine große Chance: Viele jener angeblichen großen und kleinen Gewissheiten aus den Zeiten des tretmühlenartigen Alltags erweisen sich jetzt als Schimären oder werden doch schwer in Frage gestellt. [Beispiele: Wer braucht schon eine „Schwarze Null“? Wem nützt das? Wer sind jetzt wirklich die „LeistungsträgerInnen“ der Gesellschaft? Es gibt, das zeigt sich jetzt, genügend Waren in den Lagern, plötzlich gibt es genügend Geld - woraus ersteht da noch ein Zwang zum Wachstum? Wozu da noch dieser ständig wachsende Leistungsdruck in der Arbeitswelt? Absurd, sich das zu geben, angesichts der Begrenztheit unseres Lebens. Sind nur Vorschläge, genauer diskutieren und ausführen …]
E.) Das (noch) Utopische; noch „ohne Ort“: angenommen, die Krise dauert sechs Monate. Unser Programm für die sechs Monate danach: Aufarbeitung und Reflexion, Rücksetzung der tendentiell totalitären Mechanismen und Redemokratisierung der Institutionen. Urlaub für die HauptleistungsträgerInnen während der Zeiten der Krise. Und danach, als Dank an uns alle, als Ausgleich für unsere Entbehrungen, wiederum sechs Monate lang: Die Wirtschaft noch einmal auf Sparflamme herunterfahren, wie während der Krise, mit einem allgemeinen „Homeworken“ und Geld für alle, vor allem für die Klein-, Kleinst- und auch die Garnichtunternehmer. Mit einer allgemeinen Empfehlung also wieder, dem Arbeitsleben fernzubleiben, aber dann bitte ohne sonstige Ausgangsbeschränkungen und vor allem auch ganz ohne Virus …
Aus der Krise lernen - das wird schön!
21. März 2020
Corona-Partei – heute im Standard
Heute im Wochenend-Standard: Die großenteils auch halblustig gemeinten Tipps zur Bekämpfung von Langeweile und Lagerkoller in der häuslichen Isolation richten sich überwiegend an Familien und kaum an Single-Haushalte. Immerhin wird damit indirekt auf ein Problem hingewiesen, (auch durch die Thematisierung, andererseits, von häuslicher Gewalt,) das sich im Laufe der nächsten Wochen noch deutlich verschärfen dürfte.
Unter dem Titel „Pandemie und Sinnsuche“ schreibt Nico Hoppe in einem Gastkommentar, wie es in der Unterüberschrift heißt: „Die Umdeutung der Coronavirus-Krise zur existentiellen Chance sollte wie die Verharmlosung und blinde Panik dringlichste Kritik erfahren“. Dass die Krise auch eine Chance sei, wie es nun in verschiedenen Varianten oft zu hören sei, (und wie ich es hier auch selber gesagt hatte,) sei noch keinesfalls ausgemacht, und höre sich für Hoppe nach haltlosem Zweckoptimismus an, nach einer Mischung aus Angst vor dem und Lust am Untergang, nach dem sprichwörtlichen Rufen im Wald.
Angesichts der bewusstlos hamsternden Horden und der Unmengen Klicks und Likes auch für das unhaltbarste Verschwörungsgewäsch, angesichts der Romantisierungen des jetzt angeblich allerorts sprießenden wiederentdeckten Allgemeinsinns, angesichts weiter des beinahe allgemeinen Vertrauens und Sich-Fügens in die Anordnungen von Vater Staat, weil es dazu ja auch keine vernünftige Alternative gibt, (und der dabei nun wieder aufersteht als das vorherrschende und einzig mögliche Konzept wie ein Phönix aus der Asche,) hält es Hoppe noch für keineswegs ausgemacht, was die Krise mit den Menschen letztendlich angestellt haben wird.
Ein besonderer Graus ist ihm auch die Fülle an Wortmeldungen zwischen angeblich nur gewagtem Humor auf der einen und todernst gemeinter Menschenverachtung auf der anderen Seite, die darauf hinauslaufen, mit dem Hinraffen der Alten und der Bereinigung der Überbevölkerung im Allgemeinen heile sich der Planet jetzt durch den Virus sozusagen selbst. Dies sei für ihn ein weiteres erschreckendes Symptom eines bereitwilligen Annehmens von purer Menschenverachtung, wie sie bisher nur aus relativ randständigen Fraktionen unter den Umweltschützern zu hören war. „Ob man sich mehr Sorgen wegen der Pandemie oder wegen der Reaktionen der Menschen darauf machen muss“, schließt er seinen Kommentar, „bleibt anlässlich solcher kaltblütigen Enthemmung vorsichtig abzuwarten.“
Gerne will ich Hoppes Anmerkungen stärker als bisher mitbedenken, und das heißt vor allem: herausstellen, dass es da um Ideen und Vorschläge für die Zeit nach der Krise geht, und nicht um Prognosen.
Interessant schließlich noch Richard Schuberths Essay „Corona als Bad und Kurz als Good Cop“. In der Unterüberschrift: „Die Notverordnungen sind beides: unverzichtbare epidemiologische Maßnahmen und Einübungen in den autoritären Staat“. (Den Essay finden Sie online HIER.) Für Schuberth ist aber ebenfalls die Krise auch eine Chance. Denn immerhin hätten die Leute gerade mehr Zeit als sonst zum Nachdenken, über unser Wirtschaften unter dem unsinnigen Wachstumszwang zum Beispiel, das momentan suspendiert ist, zum ersten Mal in unserem Leben …
22. März 2020
Die Leute hörn gern auf zu denken,
lässt man sie bunte Fahnen schwenken
Na bravo! Auch die Wiener Polizei beteiligt sich jetzt an der Initiative, mit täglicher Musik um 18 Uhr aus den Fenstern und von den Balkonen die häusliche Isolation wenigstens symbolisch zu durchbrechen. Das ist durchaus nicht der Sinn der Sache! Der Staat mischt sich momentan eh genug ein.
Spielen sie dann wenigstens „I Will Survive“ oder so? Natürlich nicht! Die Polizei „bedankt sich bei der Bevölkerung“, wie es in einer Aussendung heißt, mit dem Lieblingslied aller dumpfbackig-österreichischen Patrioten - natürlich mit Fendrichs Nationalschmonzette „I am from Austria“.
Da werden gerade unsere Grundrechte vom Staat auf eine Weise beschnitten, dass es einer Diktatur gleichkommt, (auch wenn dies sicherlich der Situation auch angemessen ist,) und was macht die Polizei? Setzt sich akustisch noch drauf mit nationalidentitärer Staatspropaganda auf die letzten kümmerlichen Reste basisdemokratischer Selbstbehauptung. Ich musste mich zusammenreißen, keinen Blumentopf hinunterzuschmeißen auf die uns so omnipotent behandelnde und jetzt auch noch beschallende Staatsmacht.
[ Aktualisierung am 23. 03., also gerade mal einen Tag später: Die Beschallungsaktion wurde schon wieder eingestellt. Selbst einigen Kieberern war das offenbar zu blöd. ]
22. März 2020
Scobel
Gewohnt kompetent und interdisziplinär beleuchtet Gerd Scobel Wissenschaftliches, Psychologisches, Politisch-Soziales, was wir aus der Pandemie lernen könnten, lernen können sollten.
23. März 2020
Ein Lob auf die Grünen
Sind wir mal froh, dass jetzt der Oberrittscharmeister Kickl dem Innenminsterium nicht mehr vorsitzt! Der ungarische Orban möchte jetzt gleich mal lebenslang per Dekret regieren, und es liegt auf der Hand, welch verlockende Möglichkeiten sich im allgemeinen Notstand für totalitär gestimmte Regierungen auftun. Sind wir froh, dass die Blauen nicht mehr in der Regierung sind. Das muss mal gesagt sein. Es wurde schon oft gesagt. Ich sage es hier jetzt noch einmal, aber damit soll es dann auch genug sein: Die Grünen in der Regierung sind entschieden das kleinere Übel. Und das ist doch schon was.
Sie machen einen guten Job. Sie gehen relativ sachlich und unaufgeregt mit der Situation um. Sie schenken uns reinen Wein ein. Sie sind glaubwürdig. Sie genießen hohes Vertrauen. Ihrer staatsbürgerlichen Verantwortung in der Krise werden sie gerecht in einem Maße, da kann selbst eine Rendi-Wagner nur vor Neid erblassen. Und wenn mal gepoltert werden muss, weil einzelne immer noch glauben, die staatlich angeordneten Maßnahmen nicht 1 : 1 umsetzen zu müssen, dann stehen ein Anton Hofreiter in Deutschland oder ein Kogler in Österreich zum Poltern bereit und poltern. Von Grünen, da sie ganz unverdächtig sind, staatlichen Allmachtsphantasien nachzuhängen, lässt man sich beinahe schon ganz gerne auch mal anpoltern. Man stelle sich bloß vor, es gäbe jetzt keine Grünen in der Regierung und unser stets staatsmännischer Bundeskanzler Sebastian Kurz wäre jetzt auch noch fürs Poltern zuständig! Das käme gar nicht gut an. Noch einmal: Sind wir froh, dass wir auch Grüne in der Regierung haben!
Was auch sehr gut ankommt in der österreichischen Bevölkerung: Wenn es keinen Zwist gibt in der Regierung. Wenn da kein Blatt Papier mehr gepasst hatte zwischen den Bundeskanzler Sebastian Kurz und seine blauen Juniorpartner in der Regierung, dann war die Bevölkerung davon sehr angetan. Man war und man ist es leid mit dem ewigen Streit, und erst recht in der momentan schwierigen Situation. Auch auf diesem Felde werden die Grünen ihrer staatsbürgerlichen Verantwortung gerade mehr als nur gerecht.
Nicht die Spur eines Zweifels oder Selbstzweifels oder von Kritik an den staatlichen Maßnahmen ist von den Grünen zu vernehmen. Es ist jetzt auch nicht die Zeit, sie in Frage zu stellen. Parteiübergreifend einstimmig wurden im Parlament die Sondergesetze beschlossen, gültig bis zum Ende des Jahres. Hätten die Grünen da ausscheren und einen Zwist sähen sollen, mit einem schüchternen, symbolischen Einspruch vielleicht auch nur, auf eine engere zeitliche Befristung zielend auf nur vier Monate oder ein halbes Jahr, und mit der Option, na logisch!, (und das wäre dann das geringste Problem,) auf eine Verlängerung, falls nötig? Natürlich nicht. So etwas wird man von den Grünen nicht hören.
Für solcherlei kritische Distanz zur Regierungslinie, für Abweichung, und erst recht, wenn man nicht will, dass nach der Krise wieder alles so weitergeht wie davor, bräucht's halt eben eine Corona-Partei.
23. März 2020
Ein Meter Aufstand
Ein Gastbeitrag von Robert Sommer
[ Weil der Artikel ein gutes Maß an kritischer Distanz hat zum bewusstlosen Befolgen der Staatsraison, stelle ich ihn hier online. Wegen einiger Aspekte war er trotzdem nahe dran, abgelehnt zu werden. Insbesondere, was die Passagen angeht, in denen der Coronavirus mit der gewöhnlichen Grippe gleichgesetzt wird: Das mag schon sein, dass bei dem katastrophalen Verlauf in Italien das Kaputtsparen des Gesundheitssystems, die weit verbreiteten Atemwegserkrankungen wegen der schlechten Luft, das hohe Durchschnittsalter der Bevölkerung etc. eine Rolle gespielt haben, und dass sie auch eine Rolle spielen bei den alljährlichen Verläufen der altbekannten Grippe. Dies ändert aber leider nichts daran, dass die gewöhnliche Grippe zumindestens theoretisch, nämlich bei ausreichender Ausstattung des Gesundheitssystems, mittlerweile zu behandeln ist, und Corona mangels eines Gegenmittels oder Impfstoffes noch nicht. In sofern kommt bei einer exponentiellen Verbreitung des Coronavirus selbst das bestaufgestellte Gesundheitssystem noch ganz anders an seine Grenzen als beim Grippevirus. Und Corona hat sehr wohl, nach allem, was ich bisher weiß, sowohl eine höhere Ansteckungs- als auch Mortalitätsrate als die altbekannte Grippe. Es würde, schreibt Robert Sommer also, aus staatlichen Interessen heraus einseitig informiert. Das Problem ist bloß, dass Sommers Argumente ebenfalls eine einseitige und interessierte Auswahl sind, nämlich um derjenigen, die er in der staatsnahen Mainstreamberichterstattung erblickt, etwas entgegenzusetzen. Meine Position ist hingegen, dass das Problem eben darin liegt, dass beide Seiten eine Berechtigung haben und mitbedacht werden müssen. Dass eben dadurch das Problem ein philosophisches, nämlich nicht mal eben so einfach zu lösendes wird. Dass man sich da nicht einfach auf die eine, richtige Seite stellen kann. Dass die daraus folgenden Widersprüche ausgehalten werden müssen. Doch nun zu seinem Text … (Anm. VH) ]
im herbst 2020 bricht – wie überall, wo es atemwege gibt – auch in österreich der aufstand aus. es wird ein aufstand der städte zwischen bayreuth und beirut sein, ein aufstand der jungen, der alten, der pflegerinnen, der supermarktkassierinnen und der edlen reste der 68er bewegung, die als einzige die rebellion voraussagten, aber von niemandem ernst genommen wurden. bis eben zum herbst 2020. die internationalität der rebellion wird vergleichbar sein mit dem niveau der globalisierung der 68er revolte, denn sie hat, außer vielen unterschiedlichen lokalen gründen, den konzertierten umgang der neoliberalen staaten mit der corona-pandemie zum ausgangspunkt.
wir müssen leider zur kenntnis nehmen, sagen beobachterInnen, expertInnen, wissenschafterInnen, medizinerInnen, dass die quarantäne-verordnungen und die mit repressionen sanktionierten missachtungen des ausgangsbeschränkungsregimes erst im juni dieses jahres gelockert werden. ich teile diese zeitliche prognose intuitiv. ich spüre, die junivariante ist realistischer als die aprilvariante. im juni wird vielen klar geworden sein, wie sehr in welchen segmenten der nationalökonomie die corona-politik gewütet hat, wie sehr sie die firmenstruktur verändert hat, mit welcher leichtigkeit sie die nicht nur als lohndrücker bedeutenden arbeitslosen multipliziert hat, wer die ökonomischen und politischen gewinner und verlierer des seuchenwinters sind (mit namen und adresse) und wie sehr sie die virus-krise benutzen konnten, um von ihrer antisozialen flüchtlingspolitik abzulenken, die vielleicht zum thema nr. 1 in den medien hätte werden können, wenn nicht das virus den erbärmlich behandelten syrischen „illegalen“ die show gestohlen hätte.
der kommende sommer wird der unsrigste aller sommer sein; wir werden an den ufern unserer seen sitzen, werden schmusen, bis die viren paff sind; manche von uns werden staunen, dass sie trotz triefender nasen am leben geblieben sind; manche von uns werden vielleicht etwas vorschnell den kurzen sommer der anarchie ausrufen, aber garantiert jede und jeder von uns genießt den wiedergefunden sozialen kontakt: wie sonst könnte man die akkumulierten quarantäne-anekdoten mit freundInnen teilen?
im juni wird vielen klar geworden sein, wie schnell die eliten österreichs in der lage waren, eine corona-erzählung durchzusetzen, die alle hinweise auf die kapitalistische genese der seuche mit dem weltverschwörungsprügel aus unseren köpfen heraustreiben wollte – was ihnen durchaus gelang, auch bei vielen linken. die linke schien in den wochen des menschenleeren stephansplatzes seltsamerweise vergessen zu haben, dass man dem staat selbst dann nicht traut, wenn es ihm „um die gesundheit“ seiner untertanen geht. als solche übten wir den vorauseilenden gehorsam, wo wir sonst den zivilen ungehorsam herbeiriefen, ein anpassungsritual, das in seiner unterwerfungsradikalität selbst den bundeskanzler verblüffte. was ihn sicher nicht mehr verblüffte, war, dass der grüne koalitionspartner in seiner post-pilz`schen phase auf jede eigenständige reflexion der coronakrisensimulation verzichtete.
es ist nie alles falsch, was einer solchen regierung einfällt. genauso wie die corona-angelegenheit eine ernste gefährdung der bevölkerung und nicht NUR eine konstruktion darstellt, genauso ambivalent erschien die kritik der dissidentInen der coronalogie. man muss unbedingt anerkennen, dass das gespür für die richtigen maßnahmen zur seucheneindämmung dank einer welle der aufklärung schnell wuchs und dass das gebot des infizierungsverhindernden ein-meter-abstandes mühelos in den kreis der lebensbejahenden, lebensrettenden regulationen – in einer nicht nur aus anarchistischer sicht überregulierten stadt – aufgenommen wurde. die formel der siegreichen schlacht gegen das virus, die formel „einmeterabstand“, wird in die folklore künftiger massenaufstände eingehen, und sei es in der künftigen gepflogenheit, die polizisten nur bis auf einen meter distanz an die vordere reihe der demonstrantinnen herankommen zu lassen.
ach wie gut, dass sozialistInnen, anarchistInnen, kommunstInnen, feministInnen wissen, dass die polizei ein bürgerkriegsinstrument ist. in dieser situation wird der staat, wenn es hart auf hart geht, den verboten, deren einhaltung er in den wochen des virus-angriffs übte, ein weiteres verbot hinzugesellen, nämlich das verbot, aus den balkonen der mit quarantänemaßnahmen zu halben gefängnissen modifizierten häuser zu musizieren. es könnte ein italienisches partisanenlied zur freiheit rufen. und das ist im kampf gegen ein virus, das arm und reich, weiß und braun bedroht, entbehrlich, aber zu verbieten, wenn´s ums ganze geht.
ums ganze geht´s ab herbst, wenn ich meine prognose wiederholen darf. doch schon zweifle ich selber an meinen horoskopischen kompetenzen. wie soll eine gesellschaft reif sein für den herbstlichen aufstand, wenn sie im frühjahr noch untätig zusah, wie die polizeiführung ihre rekruten zur einübung des ausnahmezustandes scheinbar nicht immer den virus, sondern die stadtbewohnerInnen brüskierte. ein leserbief in der wiener zeitung stellte die einzige einsame stimme dar, die diesen notstandsmanövern einhalt zu gebieten versuchte: „am donnerstag saß ich im kurpark oberlaa alleine an einem tisch, nachdem ich einige runden gelaufen war. ich war hundert meter oder mehr vom nächsten menschen entfernt. ich beobachtete einen polizeihubschrauber, der immer wieder über den park flog. plötzlich ertönte aus einem lautsprecher eine forsche stimme: das sitzen auf parkbänken wird mit 3600 euro bestraft. verlassen sie sofort die bank und gehen sie nach hause. es wäre vernünftiger, die polizei würde gratis-schutzmasken verteilen.“
gehen sie nach hause und widmen sie sich dem krieg der zahlen, zählungen, schätzungen, statistiken und testresultate. uns wird ganz schwummelig von zahlen sein, aber das haben wir verdient, denn wir haben unseren eigenen intellektuellen anspruch, die statistik nie als etwas von vornherein neutrales zu schätzen, vergessen. die menschen, die sich im besten glauben ihr wissen aus den mainstreammedien und aus politikeransprachen holen, wurden zur überzeugung gebracht, die corona-erkrankung sei um dimensionen gefährlicher als die grippe. im gegenteil. grippe und corona sind sich ziemlich ähnlich. sie haben ähnliche risikogruppen. sie haben dieselben symptome: trockener husten, schnupfen, halsschmerzen, abgeschlagenheit, gliederschmerzen und fieber. obwohl der influenza-virus, der die grippe verursacht, zu einer anderen virenfamilie zählt als der coronavirus (deshalb schützt die grippeimpfung nicht gegen corona), haben beide aus verschiedenen gründen im winter hauptsaison und flauen im sommer ab. und sie haben ähnliche sterberaten. das institut für virologie an der techischen universität münchen setzt beim grippevirus je nach grippesaison eine sterblichkeitsrate zwischen 0,5 und 8 prozent an. 0,5 prozent heißt 5 verstorbene auf tausend infizierte. www.br.de ist die informativste homepage für leute, die wissen wollen, wie man die gefährlichkeit von grippe und corona vergleichen kann. ein lektüre könnte panikauflösende wirkung haben, aber der besuch dieser website liegt außerhalb der empfehlungen, die vom krisenmanagement zu hören sind.
die tatsächlich katastrophale entwicklung in italien lässt auch die warner vor panikstimung verstummen. aber die berichterstattung über italien ist ein musterbeispiel für systematische halbinformation. die mainstream-informantInnen verschweigen das meiste, das für das verständnis der italienischen sondersituation wissenswert wäre. so verschwiegen sie, dass das durchschnittsalter der verstorbenen in italien bei 80 jahren liegt. nur fünf menschen, die am coronavirus starben (stand: 21. märz) waren jünger als 40. die manipulativen listen, die wir vorgesetzt bekommen, haben ein entscheidendes manko: sie unterscheiden nicht, ob die infizierten an corona oder mit corona gestoben sind. 99,2 Prozent der Fälle starben mit corona, das heißt, sie hatten neben dem virus auch krebs, diabetes, bluthochdruck, herzbeschwerden und viele andere krankheiten. unmöglich, herauszufinden, an welcher schwäche sie tatsächlich gestorben sind.. nur drei personen starben ganz eindeutig am coronavirus. diese fragestellung kommt in der „informations“-arbeit des österreichichen krisenmanagements nicht vor.
ich bin zugegeben ratlos: wer könnte interesse daran haben, die vielen besonderheiten der italienischen realität nicht als ursachenbündel zur kenntns zu nehmen? erstens: in der po-ebebe, wo die lage am besorgniserregendsten ist, herrscht die größte luftverschmutzung europas. atemwegserkrankungen sind in dieser region der normalfall. zweitens: in der besonders betroffenen region leben 40 prozent der italienischen gesamtbevölkerung, ein für das ansteckungsrisiko wichtiger faktor. drittens: in den monaten vor der ansteckungswelle gab es drastische einsparungen in der gesundheitsforschung, die dazu führten, dass die hervorragendsten fachkräfte in den privatisierten bereich überwechselten. viertens: die vernachlässigung des gesundheitssystems ist in italien strukturell – nur 6,8 prozent des bruttosozialprodukts wird für gesundheit verwendet (in österreich 10, 4 prozent). fünftens: italien gilt als land der überalterten bevölkerung. 25 prozent sind über 65 jahre alt (in china nur 12 prozent). sechstens: nirgends in europa leben aus gründen der unsozialen mietenpolitik so viele jungen leute im haushalt der großeltern.
england gilt als das land, das demnächst die dramatische rolle italiens teilen könnte. alle 220 corona-tote in england (stand: 21. märz 2020) haben an grundkrankheiten gelitten, die im alter tödlich sind. woher wissen dann die panikgeneratoren, dass diese patienten ohne coronavirus das heurige jahr überstanden hätten?
ein intelligenztest für angehende corona-expertInnen: worin genau liegt der manipulative charakter der bilder von den särgen der corona-opfer, die in italien keinen platz mehr in den friedhöfen finden? diese bilder wurden im märz weltweit verbreitet und trugen mehr als alle anderen dokumente zur eskalation von furcht und schrecken bei. im kommenden juni, wenn der spuk vorbei ist (ich komme auf meine vision zurück) und wenn der balkonmusik nur mehr aus freude vor städtischer kommunikation und wiedererrungenem lebensspaß applaudiert wird, wird so manche(r) linke(r) staunen, warum er oder sie zuließ, dass kritikerInnen des staatlichen krisenmanagements mundtot gemacht werden konnten. das gilt vor allem für wolfgang wodarg, den arzt und früheren spd-bundestagsabgeordneten. sein kommentar zu den italienischen rekordzahlen: kann denn jemand sagen, wie oft in den vorangegangenen wintern solche corona-untersuchungen überhaupt vollführt wurden, bei wem, aus welchem anlass und mit welchen ergebnissen? wenn man behauptet, etwas werde mehr, muss man sich ja wohl auf etwas beziehen, was man vorher beobachtet hat. es kann schon fassungslos machen, wenn man als routinuerter seuchenwärter sich das derzeitige getümmel, die panik und das dadurch erzeugte leid anschaut. so wird es sicher vielen verantwortlichen gehen, die heute – wie damals bei der schweinegrippe, einem coup der pharmaindustrie, ¬ vermutlich ihren job riskieren würden, wenn sie sich dem mainstream entgegenstellen. wir (in deutschland) haben jeden winter eine virus-epidemie mit tausenden von todesfällen und millionen infizierten, und immer haben coronaviren ihren anteil daran. unter virologen sei die tatsache bekannt, meinte wodarg, dass bei jeder so genannten grippewelle auch immer 7 bis 15 prozent der akuten atemwegserkrankungen auf das konto von coronaviren gingen und gehen.
wodarg bot seinen artikel, in dem er all das ausführte, mehreren großen und als seriös geltenden zeitungen an. er stieß auf eine mauer, an deren entstehung auch notorische gesellschaftskitikerInnen mitmörtelten.
23. März 2020
Achtung! Die digitalen Corona-Blockwarte sind unterwegs
[ Eine sehr berechtigte Mahnung, schon einige Tage alt, von Florian Klenk, Chefredakteur des Falter, in der Nr. 12/20 vom 18.03.2020; Anm. VH ]
Die österreichische Bundesregierung hat am Sonntag die schwerwiegendsten Grundrechtseingriffe seit Bestehen der Zweiten Republik beschlossen. Die Erwerbsfreiheit, die Versammlungsfreiheit, die persönliche Freiheit, das Recht auf Privatleben: All das ist eingeschränkt.
Das ist in Notsituationen selbst in einer demokratischen Gesellschaft zulässig, wenn dies zum Schutze der „Volksgesundheit“ dient. Das ist höchstwahrscheinlich der Fall.
Die Regierung, die Mehrheit der Experten in den Krisenstäben, aber auch die überwiegende Mehrzahl der sich öffentlich zu Wort meldenden Mediziner befürwortet daher die Maßnahmen, zumindest verlauten sie seit dem Wochenende nichts anderes. Aber schon ist von einem „nationalen Schulterschluss“ die Rede und davon, die Maßnahmen in der Öffentlichkeit nicht zu kritisieren. Ein bräsiger Patriotismuskitsch legt sich über diese Schutzmaßnahmen, und gar nicht wenige Journalisten schwenken das Weihrauchfass, statt auf Distanz zu bleiben.
Das ist beunruhigend, denn noch am Freitag haben die Bundesregierung, das rot regierte Wien und auch der Chef des Roten Kreuzes Ausgangsbeschränkungen als Fake News abgetan. Und auch in Ischgl zeigt sich Behördenversagen. Experten, denen wir uns anvertrauen, haben sehr schnell ihre Meinung geändert.
Wir müssen daher wachsam bleiben. Für kurze Zeit ist ein Eingriff in die Freiheit hinzunehmen, nach einigen Wochen werden wohl die Höchstgerichte die Verordnungen auf ihre Verhältnismäßigkeit zu überprüfen haben. Was aber nicht zu tolerieren ist, ist jener selbstgefällige Twitter-Mob, der damit beginnt, jene Menschen zu fotografieren und bloßzustellen, die sich im öffentlichen Raum mutmaßlich falsch verhalten. Am Wochenende schon, als noch gar keine Ausgangsbeschränkungen herrschten, fotografierten namhafte Journalistinnen und Journalisten junge Leute, die nicht mehr verbrochen hatten, als im öffentlichen Raum in einem Schanigarten zu verweilen. Mit vollem Gesicht wurden sie bloßgestellt und dem Spott ausgesetzt.
Eine merkwürdige, vor allem im vermeintlich progressiven Milieu zu ortende Moralpolizei ist da unterwegs. Sie verortet sich aufseiten der „Vulnerablen“ und glaubt, jedes Recht zu haben, den digitalen Blockwart zu spielen. Doch es gilt auch im Ausnahmezustand das Grundprinzip jedes Rechtsstaates: Erlaubt ist alles, was nicht verboten ist.
Auch das öffentliche Zweifeln muss erlaubt sein. Wer Entscheidungen der Regierung infrage stellt, wird diskreditiert. Das ist ein autoritärer Trieb. Wir sollten ihn auch in der kurzfristig geschlossenen Gesellschaft nicht weiterkeimen lassen. Journalisten, Wissenschaftler und Experten haben die Pflicht, ihre Zweifel zu äußern. Nur so wird Wahrheit gefunden.
25. März 2020
Ist die Corona-Krise auch eine Chance?
Eine Bestandsaufnahme
Ist die Corona-Krise auch eine Chance? Manche bejahen, andere verneinen es. Ich will versuchen, die bisherige Diskussion zusammenzufassen.
Fangen wir mit einer bestimmten Sorte von Befürwortern der These an. Diktatoren sehen in der Corona-Krise eine Chance. Der ungarische Orban nimmt sie zur Begründung, um fürderhin ohne Wahlen und parlamentarische Kontrolle per Dekret regieren zu können, und zwar, solange er als Diktator die Seuchengefahr auch weiterhin noch gegeben sieht, also potentiell und wahrscheinlich bis in alle Ewigkeit. Im ersten Anlauf ist er damit im ungarischen Parlament noch gescheitert, aber im nächsten könnten ihm die zwei Drittel der Parlamentssitze seiner Partei für sein Ermächtigungsgesetz ausreichen. In dem Gesetzentwurf werden auch gleich noch „Verstöße gegen die Seuchenbekämpfungsmaßnahmen“ und oppositionelle Meinungsäußerungen (als „Falschmeldungen über die Krise“) mit mehreren Jahren Haft bedroht. Auch der russische Putin hat die Krise schon genutzt, um sich eine längere Amtszeit zugestehen zu lassen. [ Berichtigung, bzw. Aktualisierung am 26. 03.: Die entsprechende Volksabstimmung in Russland wurde von Putin „aufgrund der Corona-Krise“ (vorerst einmal?) abgesagt. ]
Auch Überwachungstechnokraten sehen in der Corona-Krise eine Chance. China hat es vorgemacht, was da alles möglich ist und wäre. In Deutschland wurde der Antrag, ständige Bewegungsprofile von Virusinfizierten zu erstellen, soeben noch abgelehnt. Bei uns in Österreich werden Massenbewegungen per Handy-Ortung getrackt und die Daten von den Telekommunikationsunternehmen an den Staat weitergegeben, anonymisiert, wie betont wird. Wie kompliziert oder unkompliziert es wäre, diese Daten auch wieder mit konkreten Personen zu verknüpfen oder gleich unter der Hand auch die Personendaten weiterzugeben, ist hier nicht der springende Punkt. Jedenfalls sehen sämtliche Datenkraken und Überwachungstechnokraten auf der Welt jetzt in der Krise auch eine Chance, und sie nutzen sie, um ihre Technologie einzubringen, in der Praxis zu testen, anzuwenden, weiterzuentwickeln.
Auch der österreichische Notenbankchef Robert Holzmann sieht in der Corona-Krise auch eine Chance. Seine Pressekonferenz und sein Interview mit dem Standard zu dem Thema haben für relativ viel Aufsehen gesorgt. Er ist Sozialdarwinist und Monopolkapitalist und meint, jede Krise böte wie auch zum Beispiel die Finanzkrise 2008 immer auch eine Chance. Wenn man dabei nur jetzt nicht den Fehler mache, all diese kleinen Klitschen und Pipi-Betriebe nun künstlich am Leben zu erhalten, dann gehe dieses ganze Kruppzeug bei der Krise kaputt und jene Betriebe, die für ihn die „überlebensfähigen“ sind, gestärkt aus der (als „Bereinigung“ verstandenen) Krise hervor. Viel Wind hat er damit gemacht, wie gesagt, und es kam viel Einspruch. Denn auch in den Wirtschaftskreisen wird ja die Zerstörung der Kleinunternehmen und des kleinen Mittelstands bis jetzt nur von einer sehr kleinen Minderheit als Chance gesehen. Holzmann aber jedenfalls sieht in der Corona-Krise auch diese Chance.
Fahren wir jetzt fort mit einem, der in einem Standard-Interview am 23. März die gegenteilige Meinung kundtat. Der Albertina-Direktor Klaus Albrecht Schröder schlägt Alarm. Wegen des Ausbleibens der Touristen sei die Finanzierung der kommenden Ausstellungsevents nicht mehr gesichert und die Albertina in Gefahr, in der Konkurrenz mit den anderen Topmuseen auf der Welt an Boden zu verlieren. Der Standard verwies dann auch auf ungute Aspekte dieser Kunstevents und gab zu bedenken, dass ab einem bestimmten Besucherzustrom doch auch der Kunstgenuss nur noch ein sehr beschränkter sein könnte. Und er fragte nach, ob denn die Krise nicht auch als Gelegenheit gesehen werden könnte, dies ewige „Sensationeller, Größer, Teurer“ im Wettbewerb der Museen einmal kritisch zu hinterfragen? Schröder antwortete, in der Albertina jedenfalls hätten sie bis jetzt „trotz über einer Million Besucher im Jahr die Intensität des Kunsterlebnisses sicherstellen“ können. (Meine eigenen Erfahrungen, zuletzt mit der Dürer-Ausstellung, waren da aber andere!) Und er kann solch einem selbstkritischen Innehalten, beziehungsweise, wie er es nennt: einer „Rückbesinnung auf provinzielle Zustände nichts abgewinnen.“ Und entsprechend vertritt er die Meinung, mit der der Standard auch gleich das ganze Interview betitelt hat: „Die Krise ist keine Chance“.
Kommen wir jetzt zur wahrscheinlich größten Gruppe derjenigen, die in der Corona-Krise auch eine Chance sehen. In den sozialen Medien und Zeitungsredaktionen sind sie jetzt Legion, die feuilletonistischen Lebensratgeber. Bescheiden im Geiste, wie sie sind, lehren sie jetzt auch ihre FollowerInnen und LeserInnen Bescheidenheit und kommen dann schwer ins Schwärmen über all die wunderbaren Chancen, die sich in der Isolation und im Ausnahmezustand auftun würden: Die Chance, wieder einmal ein gutes Buch zu lesen. Die Chance, den lange aufgeschobenen Großputz anzugehen. Die Chance, schlechte An- oder Essgewohnheiten in Frage zu stellen und sie sich abzutrainieren. Die Chance, die Beziehung zum Partner / zur Partnerin auf eine neue Ebene zu stellen. Die Chance, von den Kindern mehr mitzubekommen als sonst. Und was solche angeblichen „Chancen“, tatsächlich allenfalls Mittel, um den Lagerkoller und die Isolation ein wenig erträglicher zu gestalten, noch mehr so sind.
Fahren wir fort mit einer bestimmten, wahrscheinlich nicht allzu kleinen Fraktion unter den UmweltschützerInnen und KlimawandelwarnerInnen, für die die Corona-Krise auch eine Chance ist. (Ich meine hier jetzt nicht die Antihumanisten, denen die Erde, welche sich mit dem Corona-Virus gerade von den Menschen reinigen würde, wichtiger ist als die Menschen. Die gibt es auch, aber aus deren Perspektive ist die Corona-Krise nicht bloß eine Chance, sondern im Grunde schon die massenvernichtende Lösung sämtlicher Probleme.) Für jene UmweltschützerInnen also hat sich jetzt mit der Corona-Krise, auch im Hinblick auf den weiterhin anstehenden Kampf gegen den Klimawandel, gezeigt, dass die Welt auch funktionieren kann ohne all die normalbetrieblichen Flugreisen, Geschäftsreisen, verstopften Straßen. Vielfach, hat sich jetzt gezeigt, gehe es auch mit Homeworking und Videokonferenzen. Der Energieverbrauch sinkt. Der Treibhauseffekt bekommt eine Atempause. Und, man denke, selbst der Himmel über Peking war zum ersten Mal seit Jahrzehnten wieder zu sehen! Auch Gerd Scobel zum Beispiel stimmt es (in seinem Videovortrag, hier weiter unten auf der Seite) zuversichtlich, dass die Erfahrungen während der Corona-Krise auch eine Blaupause abgeben könnten für den anstehenden Kampf gegen die Erderwärmung, die nach seiner Einschätzung übrigens auf lange Sicht eine weit größere Gefahr als die Corona-Krise darstellen dürfte. Die Corona-Krise auch als Chance also im Sinne eines ökologischen Umbaus der Wirtschaft?
SkeptikerInnen halten Berechnungen in Folge der Banken- und Finanzkrise 2008 dagegen: Das vorübergehende Schrumpfen der Wirtschaft während der Krise sei danach in einem Nachholungsprozess, auch was zum Beispiel die CO2-Emissionen angeht, binnen kurzer Zeit wieder mehr als wettgemacht worden …
Und eine weitere Gruppe von SkeptikerInnen sieht ebenfalls in der Corona-Krise keine Chance, denn psychologische und sozialpsychologische Untersuchungen würden eher darauf hindeuten, dass die Menschen in solch einer Krise dazu tendieren, konservativer und unsolidarischer zu werden und ihren Horizont zu verengen auf das Wohl nur der eigenen Gruppe oder zum Beispiel Familie, oder gleich ganz zum einzelkämpferischen Prepper mutieren. Das Heer der Klopapierhamstertrotteln, nur den eigenen Nöten illusionär und auf absurd unvernünftige Weise begegnend und damit den eigentlich nur eingebildeten Lieferengpass temporär tatsächlich erzeugend, scheint diesen SkeptikerInnen recht zu geben. In einem größeren Maßstab sehen wir jetzt auch ein ungeheures Erstarken der Nationalstaaten. In Österreich, zeigen Untersuchungen, vertrauen jetzt 95 Prozent der Bevölkerung, so viele wie wahrscheinlich nie zuvor, Vater Staat. Welche Chance, es sei denn auf eine nahezu gleichgeschaltete und oppositionsfreie, absolut obrigkeitshörige Gesellschaft, muss man sich da schon fragen, sollte dann aus der Corona-Krise erwachsen?
Kommen wir jetzt abschließend zu einer letzten Gruppe, die in der Corona-Krise auch eine Chance sieht. Die Corona-Partei ist ja (noch?) keine eingetragene Partei. Sie ist bis jetzt nicht mehr als eine lose Gesinnungsgemeinschaft, die Entwicklungen kritisch verfolgend und kommentierend. Ich zähle mich auch selbst dazu. Den obigen Diktatoren und Überwachungstechnokraten gegenüber bestehen wir auf baldestmöglicher Wiederherstellung, mindestens, der demokratischen und datenschutzrechtlichen Standards vor der Krise. Den kleingeistig individualistischen Lebensratschlägen treten wir mit weltbürgerlicher Weitsicht entgegen. Sehr wohl registrieren wir und fragen uns mit Bangen, was die Krise mit den Menschen jetzt anstellt und letzten Endes angestellt haben wird. Jedenfalls können wir den einschlägigen pessimistischen Prognosen auch entgegen halten: Wo es bei vielen eine Vereinzelung und Verengung des Horizonts gibt, gibt es doch andererseits auch viel Engagement fürs Gemeinwohl. Wo es viel, sehr viel Obrigkeitshörigkeit gibt, gibt es doch auch kritische Stimmen. Die bedenklichen Trends entstehen auch nicht voraussetzungslos, sie sind keine - wie es in sozialpsychologischen Untersuchungen oft den Anschein macht - menschliche Konstante!
Zu den ebenfalls oben behandelten ökologisch Gestimmten und ErderwärmungswarnerInnen gibt es in der Corona-Partei große inhaltliche Übereinstimmungen (und sicher auch personelle Überschneidungen). Aber in einem bestimmten, für ganz unabdingbar erachteten Kritikpunkt gehen wir über die klassisch grünen, rein ökologischen Fragestellungen noch hinaus. Provokativ und plakativ verkürzt lässt sich unser Weitergehendes zum Beispiel so formulieren: Wenn da in 20 Jahren oder so sämtliche Energie einmal sauber sein sollte, und die kapitalistische Wirtschaft könnte, weil sie ja immerzu muss, weiter wachsen, aber klimaneutral, dann würde damit vielleicht die Erderwärmung verzögert, aber für Rohstoff-, Abfall-, Nahrungs- und Umweltkrisen wäre auch weiter nachhaltig gesorgt, da die Welt ja nun mal endlich ist. Anders gesagt: Der Kapitalismus, weil er immerzu - eine der wichtigsten und tiefestgehenden Entdeckungen, und also nachzulesen bei Karl Marx - weil er also immer, immer, immerzu wachsen muss, und weil er damit und dadurch unser Leben bestimmt, ist das große Problem und muss weg!
Doch zurück zur Ausgangsfrage: Warum ist für uns und in diesem Sinne die Corona-Krise (vielleicht) auch eine Chance? Der Standard fasst es heute schön zusammen, im Aufmacher des Wirtschaftsteils (und nicht etwa im Feuilleton!). Aber schon mit der Überschrift verweist uns der Autor Eric Frey natürlich auch pflichtschuldig ins Reich der Traumwandler und Illusionisten, und entsprechend überschreibt er seinen Text: „Ist die Zeit für linke Utopien gekommen?“
Was also geht da gerade ab? Die Wirtschaftsleistung, der Energie- und Ressourcenverbrauch sinken, aber die Versorgung ist keineswegs in Gefahr. Das Alltagsleben ist entschleunigt. Die Menschen können (und sie müssen leider auch) innehalten, haben Zeit zum Nachdenken. Mehr, als manchen lieb ist.
Die avisierten staatlichen Stützungsmaßnahmen für die Wirtschaft gleichen fast bis aufs Haar einem bedingungslosen Grundeinkommen für alle. Das Geld dazu wäre also (wie auch zur Rettung der Banken nach der Bankenkrise) da. Ist die Corona-Krise dadurch, wie wir linken UtopistInnen es uns einreden, auch eine Chance?
Eric Frey verneint es, und wäscht uns von der Gesinnungsgemeinschaft der Corona-Partei in seinem Text, wie es von einem normalen Wirtschaftsjournalisten zu erwarten ist, gründlich den Kopf. Die Schulden, schreibt er, die für das Fast-schon-bedingungslose-Grundeinkommen-für-alle aufgenommen werden, würden zur Zeit fast keine Zinsen kosten, weil sie zeitlich begrenzt wären. Dies würde sich aber ändern, wenn sie es nicht wären. Dann würde durch das faktische Geldgedrucke eine Inflation dazukommen und auch dieses Grundeinkommen permanent gleich wieder entwerten.
Gut gebrüllt, Herr Frey! Ganz wie man es auch von jedem Wissenschaftsstudenten ab dem ersten Semester erwarten darf. Gleichbleibende Warenmenge plus größere Geldmenge bedeutet Inflation. Das ist das kleine ökonomische Milchjungeneinmaleins. Der Warenbestand bleibt, weil die Rechnung es so vorsieht, gleich, und wird dazu auch noch, weil inflationsbedingt zu teuer, unverkäuflich, und schimmelt dann in den Lagern vor sich hin, oder wie? In dieser Logik, die nur einige wenige Faktoren in Rechnung stellt und viele andere außer Acht lässt, müsste sich jede kollektivvertragliche Gehaltserhöhung (und Inflationsanpassung) wegen dieser Milchmännerinflation automatisch immer gleich wieder selbst auffressen.
Vollends unsinnig ist Freys Widerlegung unserer „Utopien“ dann auch, als er abschließend noch einen Bogen schlägt von dem vielen, auf das er momentan auch gut verzichten kann, wie Billigflüge und ins Ausland ausgelagerte Lieferketten, zu den Kaffeehausbesuchen und kulturellen Veranstaltungen, die ihm schon sehr abgehen würden zur Zeit. Wie als wenn es das in unseren „Utopien“ nicht mehr geben würde. Ach, Herr Frey! Kaffeehäuser wird es mehr geben als zuvor, wenn die Leute mehr Zeit (und auch das Geld) haben, sie zu besuchen. Und auch die Kunst wird mehr werden, und eine ganz neue Qualität bekommen, wenn die KünstlerInnen abgesichert sein werden und ihre Kunst nicht mehr werden machen müssen immer auch im sklavischen Gedenken ans Geld.
26. März 2020
So bitte nicht, Herr Lesch!
Inhaltlich sind die Videos zum Thema Corona so kompetent und überzeugend, wie wir es von Harald Lesch und seiner Terra-X-Redaktion gewohnt sind. Aber was haben die sich bloß bei der unsäglichen musikalischen Untermalung gedacht?
Die akustisch-musikalischen Effekte stören die Konzentration beim Zuhören. Wozu die unnötige Dramatisierung? Man fühlt sich manipuliert. Es mindert die Seriosität und zerstört die Glaubwürdigkeit. Was hat sich die Terra-X-Redaktion bloß dabei gedacht?
26. März 2020
Die Krise als Chance
Wann sonst kommt man heutzutage schon noch dazu, ein gutes Buch zu lesen?
Ein kluges Buch, ausgesprochen witzig, ein unablässig sprudelnder Quell der Erkenntnis und der Inspiration, ein Klassiker: Karl Marx, „Das Kapital“. Band 1, für den Anfang. Auch gratis online verfügbar!
26. März 2020
Prognose
Eine Volksweisheit sagt: „Ein Unglück kommt selten allein.“ Von daher ist es nicht unwahrscheinlich, dass demnächst entweder auch noch ein großer Vulkan in die Luft geht, mit dem entprechenden anschließenden vulkanischen Winter, oder dass ein Asteroid entdeckt wird auf Kollisionskurs mit der Erde.
Bruce Willis darf sich auf keinen Fall Corona einfangen! Wir werden ihn demnächst eventuell dringend brauchen.
27. März 2020
Was uns die Corona-Krise über die Wirtschaft erzählt
Die österreichische Regierung hat die Stützungsmaßnahmen für die in der Corona-Krise auf Sparflamme laufende Wirtschaft konkretisiert. Daraus lässt sich einiges schön ableiten.
1. Was kostet ein Mensch?
Die EinzelunternehmerInnen, die kleinen und Scheinselbstständigen bekommen in den angenommenen drei Monaten der Krise jeweils 1000 bis 2000 Euro, je nachdem, was sie zuletzt verdient und versteuert haben. Diese Summe darf somit als ein normales (Netto-)Gehalt in Österreich angesehen werden. Soviel lässt sich normalerweise mit eigener Arbeit erwirtschaften. Das Geld wird nicht an- oder unters Kopfkissen gelegt werden. Es fließt umgehend in die Wirtschaftskreisläufe zurück. Ein großer Teil geht normalerweise für die Miete drauf. Die setzt sich zusammen aus den Erhaltungskosten für das Dach über dem Kopf, Steuern und einem Gewinn für den Besitzer oder die Besitzerin. (Die Tilgung der Schulden bei erworbenem Wohneigentum ist zwar eine komplexere, aber letztlich auch nicht mehr als eine Variation desselben Mechanismus.) Der andere große Brocken ist das alltäglich Notwendige. Mit dem Geld, das wir an der Supermarktkassa lassen, wird das Gehalt der Beschäftigten in der Herstellung und im Vertrieb der Lebensmittel bezahlt, (das sich ganz ebenso wieder in dieselben Anteile aufdröseln lässt,) außerdem enthält es Umsatzsteuern und ebenso wieder einen Gewinn (den sogenannten Mehrwert) für die InhaberInnen der Produktions- und Vertriebsstätten.
Ohne dieses Grundeinkommen, welches die aufgeführten Bestandteile enthält und abdecken kann, geht es nicht, und bekommt man schnell große Probleme. Obdachlosigkeit ist für die wenigsten eine akzeptable Option. Eher noch wird man es sich notfalls auf kriminelle Weise beschaffen. Ob der inbegriffene Warenkorb zum Beispiel auch Kino- und Konzertkarten beinhaltet oder wie im deutschen Hartz-4-Konzept bis an die Grenze der Armut (und auch darüber hinaus) ausgedünnt wird, darüber wird ständig (zum Beispiel in Kollektivvertragsverhandlungen) gerungen. In Österreich ist der Stand also momentan, dass ein normaler Mensch 1000 bis 2000 Euro im Monat kostet, netto.
Soviel ist er auch wert. Soviel kann ein Mensch mit eigener Arbeit erwirtschaften. Wie genial und bahnbrechend neu eine Geschäftsidee auch immer sein mag - Phantasiepreise werden dafür nicht gezahlt werden. Wir haben den geschilderten Preisrahmen verinnerlicht, und so wird die Bezahlung meiner Waren und Dienstleistungen immer (mit gewissen Schwankungen von Angebot und Nachfrage) um diesen Wert herum oszillieren. 1000 bis 2000 Euro netto also, im Monat. Das deckt die Bedürfnisse ab, und mehr bekommt man aus eigener Arbeit auch nicht zusammen.
Nur wenn man andere Leute für sich arbeiten lässt, Mehrwert einstreichen kann, kommt man auf ein (manchmal vielfach) höheres Einkommen. Dazu weiter unten mehr.
2. Das Geld ist da
Wie schon bei der Banken- und Finanzkrise 2008 werden sich jetzt wieder viele wundern, wieviel Geld für die staatlichen Stützungsprogramme plötzlich da ist. Die USA haben eben ein Tausend-Milliarden-Dollar-Programm aufgelegt! Wird dieses Geld jetzt neu gedruckt oder ist es nur rein virtuell? Nein, denn dann gäbe es und wäre es eine geldentwertende Inflation. Das Geld war auch vor der Krise schon vorhanden.
Normalerweise reist es so in der globalisierten Welt herum, auf der Suche nach lohnenden Anlagemöglichkeiten. Es ist gar nicht leicht, da heutzutage noch welche zu finden, in einer Welt, in der bald alle schon bald alles haben werden, ihr Auto, ihren Kühlschrank, ihr Smartphone. Dadurch ist das Geld bescheiden geworden. In letzter Zeit war es billig zu haben. Dabei tut doch die Werbung ihr bestes, um ständig neue Bedürfnisse zu erzeugen. Nur einmal zu tragende Wegwerfmode wird erfolgreich lanciert. Es gibt geplante Geräte-Adoleszens, und Negativzinsen sollen auch die KleinsparerInnen und -pensionistInnen dazu anzuregen, das für den Lebensabend Angesparte doch lieber irgendwie zu verkonsumieren, bevor es nichts mehr wert ist. Und trotzdem: So ein Anlageberater hat's wirklich nicht leicht, heutzutage. All der Reichtum, geschaffen durch gesellschaftliche Arbeit und über die Generationen (als Erbe oder Marktkonzentration) angehäuft in den Händen relativ weniger, sucht da normalerweise ziemlich verzweifelt nach Gelegenheiten, wo es noch weiter wachsen kann. Manchmal schafft es das nur noch auf beinahe betrügerische Weise, indem es sich die kleineren Konkurrenten oder Sparguthaben mit mehr oder weniger legalen Mitteln einverleibt, oder es schafft sich immer neue Finanzinstrumente, die oft schon ganz abgekoppelt erscheinen von der realen Wirtschaft, um mit finanzdigitalen Mitteln jene wenigen Flecken auf der Erde und in der Weltwirtschaft aufzufinden, wo vielleicht doch noch jemand die Produktion von Autos oder Kühlschranken brauchen könnte, oder Mode, die vielleicht noch moderner ist, so dass man sie nach dem Kauf überhaupt nicht mehr trägt, oder wo vielleicht auch gerade - denn den AnlegerInnen ist das in der Regel völlig wurscht! - ein neues Anti-Virus-Mittel gebraucht wird und Profite verspricht.
Das Geld war also immer da. Und Geld wird jetzt von den Staaten gebraucht. Die Wirtschaft wurde wegen des Virus heruntergefahren, und die KleinunternehmerInnen, Scheinselbstständigen, Arbeitslosen und KurzarbeiterInnen brauchen ihre 1000 oder 2000 Euro, wie oben geschildert, damit sie nicht obdachlos werden, verhungern, rebellisch oder kriminell werden. Staatsanleihen werden aufgelegt, die Staaten garantieren die Rückzahlung und gewisse Zinsen, und ein Haufen von dem normalerweise relativ verzweifelt herumvagabundierenden Anlagekapital findet jetzt erst einmal für eine gewisse Zeit ein lohnendes Plätzchen.
Und die Staaten brauchen viel Geld! Sie brauchen nicht nur so um die 1000 Euro pro zwangspausierendem Ein-Mensch-Unternehmen. Das wären bloß Peanuts! Für die Stützung auch noch der Unternehmen braucht es noch viel, viel mehr Geld!
3. Was kostet die Wirtschaft?
Jedes Unternehmen, das wegen der Corona-Krise Einbußen hat oder stillgelegt wurde, kann jetzt in Österreich einen Ausgleich von bis zu 120 Millionen Euro beantragen. Der Betrag errechnet sich aus den letzten Umsatz- und Gewinnzahlen und Steuererklärungen und wird großenteils als Darlehen, etwa auch als gestundete Steuer- und Sozialbeiträge ausbezahlt. Aber auch wenn dieses Geld großenteils zurückgezahlt werden muss, so muss es doch jetzt, in diesem Jahr tatsächlich aufgebracht werden, und es ist tatsächlich da, siehe oben: Es gibt genug billiges Geld.
Ganz ebenso, wie ein kleiner Künstler zum Beispiel die oben aufgedröselten 1000 Euro braucht, um nicht kaputt zu gehen, bekommen jetzt also manche Firmen bis zu 120 Millionen als Kredit und Verlustentschädigung, damit sie nicht kaputt gehen. Werden damit nun (im Beispiel mit der Höchstsumme) analog zu oben und nach Adam Riese jeweils dreimal 1000 Euro pro Monat an … wieviele wären das? … 40 000 Menschen in der Firma ausgezahlt, schön gleichmäßig ausgeschüttet womöglich an alle vom Chef bis zu den kleinen Angestellten? Mitnichten. Bei der Summe handelt es sich um die laufenden Kosten der Firma, und zwar nicht für die Gehälter der Kurzarbeitenden, denn die trägt der Staat zusätzlich! Diese laufenden Kosten der Firma sind zum Beispiel wieder Mietzahlungen, und die entgangenen Umsätze, denn die waren bereits fest eingeplant, etwa bei den getätigten Investitionen, und weiter kommen hinzu - die entgangenen Gewinne. Profite. Der Mehrwert. Das ein bisschen, so um ein paar Potenzen, höhere Gehalt der Chefs und Aufsichtsratsmitglieder und Manager. Und die Ausschüttung an die AktionärInnen. Das ist ganz logisch, denn die Gewinne der Firma, die Profite, der Mehrwert waren ganz ebenso schon fest eingeplant.
Da musste ich bei der Standard-Lektüre heute morgen laut lachen. Der grüne Chef Kogler hat damit schon irgendwie ein moralisches Problem, dass die staatlichen Zuschüsse und Kreditgarantien auch verwendet werden für Ausschüttungen an die AnteilseignerInnen. Und, ganz grüner Moralprediger, warnt er, dabei den Bogen nicht zu überspannen. Das ist sehr ehrenwert von ihm, aber wirtschaftspolitisch hat er nun einmal keine Ahnung und in der Regierung auch nichts zu sagen, und so kann er sich dem Argument schlussendlich nicht verschließen: Wir leben in einer vernetzten Wirtschaft. Oft war die Abschöpfung der Gewinne, Profite, des Mehrwerts einer Firma zum Beispiel auch von einer Muttergesellschaft schon fest eingeplant, die sie dringend braucht, um damit ihre eigenen Verbindlichkeiten zu bedienen.
Tja, das ist wirklich einigermaßen verzwickt und komplex, das alles. Dafür zu sorgen, dass nach der Krise alles wieder so weiterlaufen kann wie zuvor - man möchte wirklich nicht in so einer Regierungshaut stecken, zusammen mit der ÖVP. Gerade in diesen Zeiten nicht. Aber auch in den gewöhnlichen Zeiten gibt es ja diese seltsamen Missverhältnisse zwischen 1000 Euro und 120 Millionen, zwischen dem gerade einmal Lebensnotwendigen für die durchschnittliche Bevölkerung und den 90 Prozent des gesellschaftlichen Reichtums in den Händen von etwa nur zehn Prozent. Ein bisschen mehr Humanismus bringen die Grünen sehr wohl in die Regierung. Eine Thematisierung oder gar Abschaffung jener Missverhältnisse spielt's mit den Grünen aber sicher nicht.
28. März 2020
Die Krise als Chance
Nachdem die deutsche Regierung eine Verordnung herausgegeben hatte, niemand dürfe während der Corona-Krise wegen Mietrückständen delogiert werden, haben jetzt mehrere Handelsketten wie Adidas, Deichmann und H&M die Mietzahlungen für momentan geschlossene Ladenlokale eingestellt. Die Justizministerin Christine Lambrecht findet es „unanständig und inakzeptabel“, wenn große und finanzliquide Konzerne meinen, eine Regelung in Anspruch nehmen zu können, die für die kleinen Leute und Kleinunternehmen gemacht worden ist, die in der Krise in Nöte geraten.
Hätte sie mal die Verordnung genauer formulieren sollen! Die juristischen Fachleute in den Firmen haben sich das genau angeschaut, davon kann man wohl ausgehen. Und sie sind offenbar zum Schluss gekommen, die Kleinen haben da einen Anspruch, und die Großen auch. Die Schlamperei auszunützen ist vor allem auch im Sinne der Aktionäre sogar ganz dringend geboten!
28. März 2020
Der Papst
Alleine und in strömendem Regen hat Papst Franziskus heute am Petersplatz in Rom gebetet und wegen der Coronapandemie sogar ein außerplanmäßiges Urbi et orbi gesprochen.
Für Aussagen darüber, ob sich das auf die Infektionsstatistiken auswirken wird, ist es noch zu früh.
28. März 2020
Handschuhe
Eine Maschine der AUA mit 10 Millionen Einweghandschuhen an Bord ist heute am Flughafen Schwechat gelandet.
Noch nie zuvor, sagte der Flugkapitän sichtlich bewegt, sei der Applaus nach der Landung so tosend gewesen.
29. März 2020
Jetzt aber mal Butter bei die Fische!
Für vorgestern, Freitag, war von der österreichischen Regierung eine Evaluierung der staatlichen Corona-Maßnahmen in Aussicht gestellt und eventuell auch ein vorsichtiger Ausblick, wie es jetzt weitergehen soll. Die Daten reichten dann aber noch nicht aus, beziehungsweise müssten sie noch weiter ausgewertet werden, hieß es dann, und so wurde die Pressekonferenz auf morgen, Montag verschoben. Einiges, was wir da wahrscheinlich zu hören bekommen, kann man sich aber auch selbst schon zusammenreimen.
Eine gewisse Abflachung der Infektionskurve dürfte durch die Einschränkung der Sozialkontakte erreicht worden sein. Ihre Spitze ist es noch nicht. Das bedeutet, die Ausgangssperre geht weiter. Denn eine Rücknahme der Maßnahmen würde das bisher Erreichte gefährden und die bisherige Strategie ad absurdum führen. Aber wie lange soll das jetzt so weitergehen?
Solange, hieß es bisher immer, bis der Anstieg der Infektionen sich so verlangsamt hat, dass nicht auch im heimischen Gesundheitssystem italienische, spanische, westfranzösische, indische, US-amerikanische Zustände Einzug halten. Und wann wäre dieses Ziel erreicht? Wenn die Zahl der Neuerkrankungen nicht mehr droht, die Zahl der verfügbaren Krankenhaus- und Intensivbetten zu übersteigen. Und dann könnte man die Schulen, Läden und Arbeitsstätten wieder öffnen und die Einschränkung der Sozialkontakte wieder aufheben? Doch wohl nicht! Denn dieses würde ja umgehend die Infektionskurve wieder ansteigen lassen. Was also zuerst einmal bedeutet: Die Maßnahmen bleiben.
Aber fragen wir noch einmal hartnäckiger nach: Wie lange? Da es noch keine Impfung und kein Mittel zur Behandlung von Covid-19 gibt, müssten die Maßnahmen theoretisch solange beibehalten werden, bis es in Österreich keine Neuinfektionen mehr geben wird. Das wären so um die zwei Monate, wenn man die Erfahrungen aus Wuhan zu Grunde legt, in denen auch noch mehr getestet wird als bisher, getestet und abermals getestet, wie es auch die WHO fordert, bis alle Infizierten aufgefunden und behandelt und isoliert sein werden und bis es im Land keine neuen Fälle mehr geben wird. Aber auch danach wären in der Welt, vernetzt wie sie ist, zum Beispiel Grenzsperren und Flugverbote auch weiterhin noch angesagt, um eine zweite Infektionswelle zu verhindern. Dies also wäre eine mögliche Strategie.
Aus Wirtschaftskreisen war zuletzt aber auch Widerspruch gegen diese Strategie zu vernehmen. Zwei Monate Shutdown, eventuell auch noch länger, (weil es in Österreich nicht die totalitären Durchsetzungsmittel gibt wie in China,) und mit der Aussicht danach auf eine auch weiterhin nur eingeschränkt funktionierende Weltwirtschaft, wegen auswärtiger Seuchenherde und geschlossener Grenzen? Für manchen Wirtschaftsexperten und Anteilseigner ist dies nicht zu verkraften. Die Seuche sei nicht auszurotten, heißt es dann, und man solle doch lieber einige Sektoren der Wirtschaft und auch die Schulen, (damit die Eltern wieder arbeiten gehen können,) wieder öffnen. Man solle also das Virus sich (in einem möglichst schonenden Ausmaß, versteht sich,) weiter ausbreiten lassen. Eine gewisse Anzahl an Toten sei dabei einzukalkulieren, und eh nicht zu verhindern, und meist noch hinter vorgehaltener Hand wird dies von manchen als ein geringeres Übel bewertet als eine langfristig beschädigte Wirtschaft.
Kanzler Kurz hatte ja schon mehrmals jene „Taskforce“ erwähnt, in welcher ständig Szenarien berechnet würden und wie und in welcher Reihenfolge die Corona-Maßnahmen auch wieder gelockert oder aufgehoben werden könnten. Ist es zuviel der Spekulation, wenn ich vermute, dass jene Argumente in Richtung auf einen Primat der Wirtschaft dort auch mitbedacht werden? Die ÖVP steht ja doch auch bekanntlich der Wirtschaft nicht gerade fern.
Ich möchte es jetzt noch einmal anders sagen, und zwar so: Das Böse lauert jetzt immer und überall. Ein solches Abwägen von Opferzahlen gegen den Schaden für die Wirtschaft ist leider auch ein notwendiger Teil einer jeden seriösen statistischen Folgenberechnung.
Und es lauert hier: Wie kreiert man jetzt in unserer globalisierten Welt einen von der Allgemeinheit akzeptierten und imaginierten virusfreien Raum hier bei uns in Österreich und verlagert den Virus als gemeinsamen Feind nach draußen, nach Italien etwa, nach Amerika, nach Afrika oder in die Flüchtlingslager Griechenlands oder in Traiskirchen?
Und es lauert hier: Wie markiert man in einem demokratischen Rechtsstaat die infizierten Personen, damit ihr Aufenthaltsort und ihre Sozialkontakte wie im totalitären China lückenlos überwacht werden können? Das Rote Kreuz ist da in Österreich mit seiner Virus-Frei-App, in der man die relevanten Daten (einstweilen noch?) freiwillig eingibt, gerade ein unrühmlicher Vorreiter.
Doch zurück zur Ausgangsfrage. Mindestens bis Ostern werden die Maßnahmen also aufrecht bleiben. Und auch danach wird es noch weiter mehr nach Notstand aussehen und weniger wie vor der Krise, wie Kurz es bereits angedeutet hat. Die Frage ist jetzt aber, ob das jetzt mindestens noch sechs Wochen so weitergeht, und von welchen Tests und Massentests es flankiert wird und eventuell noch totalitären und/oder den Nationalismus ausnützenden und befeuernden Mitteln. Oder ob sich in den Wochen nach Ostern der Primat der Wirtschaft allmählich mehr Geltung verschaffen wird, mit Wiedereröffnung der Schulen und zunächst einmal einiger Sektoren der Wirtschaft. Die Frage lautet da also und war wohl bis zum vergangenen Freitag noch nicht genügend durchkalkuliert und ausdiskutiert: Pest oder Cholera?
30. März 2020
Zwei Wochen häusliche Isolation
Von der österreichischen Regierung kommt die Mahnung, auch beim anstehenden Osterfest solle man der Versuchung widerstehen, die Kontaktbeschränkungen etwa bei Familienfesten aufzuweichen. Alle Vorsichtsmaßnahmen seien weiterhin unbedingt einzuhalten, um das bisher Erreichte im Absenken der Infektionskurve nicht zunichte zu machen.
Inhaltlich kann ich das nachvollziehen und ich trage ich es auch voll und ganz mit. Aber wie geht es mir damit psychisch? Ich denke, vielen wird es so gehen wie mir, und deshalb will ich es schildern.
Ich hatte in der fraglichen Zeit niemals Fieber oder trockenen Husten oder Atembeschwerden, bin seit zwei Wochen, also über alle Inkubationszeiten hinaus, zuhause, und wenn ich doch selten einmal spazieren oder einkaufen war, habe ich, auch weil ich auch selber wegen einer Vorerkrankung zu einer Risikogruppe mit potentiell schwereren Krankheitsverläufen zähle, vorher mir (an die Anderen denkend) die Hände gründlich gewaschen, den Mindestabstand und das Kontaktverbot immer eingehalten, unmittelbar hinterher (hier dann zuvörderst an mein eigenes Wohl denkend) mir wieder gründlich die Hände gewaschen, und so auch weiterhin keine der einschlägigen Symptome entwickelt …
Langer Rede kurzer Sinn: Es mag da schon noch ein Restrisiko geben, dass ich mich bei einem der seltenen Ausflüge irgendwie mit dem Virus angesteckt haben könnte, aber wenn ich jenes quantifizieren müsste, dann hielte ich es doch für äußerst gering. Sehr, sehr unwahrscheinlich erscheint mir das, da ich auch nicht einmal eine einzige Situation erinnere, in der ich mal unbeabsichtigt den Mindestabstand zu jemandem für kurze Zeit unterschritten hätte. Sehr unwahrscheinlich erscheint es mir, dass ich jetzt, nach bereits zwei Wochen Isolation, noch mit dem Virus infiziert sein und für andere noch eine Gefahr darstellen könnte. Ich würde mir auch gerne mit einem Test absolute Gewissheit darüber verschaffen, aber das ist bekanntlich mangels ausreichender Kapazitäten für Leute in meiner Situation noch nicht möglich.
Die anderen, die Fremden da draußen, sind zwar weiterhin (von wegen meines erhöhten Risikos) eine potentielle Gefahr für mich. Und deshalb werde ich die Kontaktbeschränkungen auch weiter aufrecht erhalten. Ich kenne aber Leute, mit denen ich praktisch täglich kommuniziert habe während der zwei Wochen der häuslichen Selbstisolation, und von denen ich daher weiß, dass sie ganz wie ich selbst mittlerweile höchstwahrscheinlich virusfrei sind, auch wenn auch bei ihnen wie bei mir jenes kleine Restrisiko bleibt. Ich vertraue ihnen und will auch nicht in Folge der Krise allen Menschen und selbst noch den besten Freunden mit dem Misstrauen begegnen, sie könnten leichtfertiger und verantwortungsloser mit der Malaise umgehen als ich selbst - und wenn die mich jetzt zum Beispiel zu einem schönen Ostermahl einladen würden, dann wüsste ich wirklich nicht …
Wenn man sich da zum Beispiel zu dritt, alle nach zwei Wochen weitgehender häuslicher Isolation, absprechen würde, eigenverantwortlich das Risiko abwägend: Restrisiko mal Restrisiko mal Restrisiko, immer noch sehr klein, das Endergebnis, passt, ist tragbar, und sich dann (notgedrungen heimlich) verabreden würde - was würde die Regierung dazu sagen?
Habe ich vielleicht unser Restrisiko als zu gering eingeschätzt? Gibt es vielleicht doch außer der Tröpfchen- und der Kontakt- auch eine relevante Gefahr der Areosolinfektion? Bräuchte es vielleicht statt der geforderten mal Ein-Meter-, mal Anderthalb-Meter-, mal Zwei-Meter- in Wahrheit Drei-Meter-Mindestabstände, um Ansteckungen mit annähernd 100-%-iger Sicherheit zu unterbinden? Liege ich aus sonstigen, mir noch unbekannten Gründen mit der Selbsteinschätzung, mittlerweile mit allerhöchster Wahrscheinlichkeit virusfrei zu sein, falsch? Gibt es da irgendwo diesbezüglich noch ein Informationsdefizit? Falls ja, dann mögen es die Experten beheben.
Soziale Kontakte sind kein Luxus. Menschen brauchen soziale Kontakte wie die Luft zum Atmen. Eigenverantwortlich kann man auf sie, wenn es nötig ist, für eine Zeitlang verzichten. Aber wenn man dies aufokroyiert bekommt und sich dabei also auch noch entmündigt fühlt, und wenn es längerfristig passiert, dann wird es unerträglich.
Wir von der Corona-Partei fordern übrigens einen angemessenen Finanzausgleich für die häusliche Isolation, von 500 Euro pro Woche und Person. Und dass es da noch saftige Zulagen geben sollte für nicht nachgekommenen Einladungen zu Osterfesten.
30. März 2020
Bestätigt
Gestern hatte ich mich über bedenkliche Anzeichen ausgelassen, dass der Primat der Wirtschaft sich in Form von Forderungen, die Kontaktsperren seien nun bald wieder zu lockern und wenigstens einige Sektoren der Wirtschaft wieder hochzufahren, gegenüber dem der konsequenten Virusbekämpfung mehr und mehr Gehör verschaffen würde.
Abends bekam ich im Zweiten Deutschen Fernsehen in der heute-Sendung und im anschließenden Berlin direkt eine Bestätigung in einem Ausmaß und einer Deutlichkeit, dass ich wirklich lieber darauf verzichtet hätte, so richtig gelegen zu sein. Da wurde eine ganze Armada an Wirtschaftsleuten und Wirtschaftsfachleuten aufgefahren, die (nach gerade einmal einer Woche der Kontaktbeschränkungen in Deutschland) prognostizierten, solch ein eingeschränktes Wirtschaftsleben wäre vielleicht einmal drei oder vier oder schlimmstenfalls fünf Wochen lang auszuhalten, und bereits vier solche Wochen würden Milliarden und Abermilliarden kosten und das Jahreswachstum schwer in den Minusbereich versenken, und es drohe eine riesige Pleitewelle und Massenarmut und wirtschaftliche Folgen, weit schlimmer als die unmittelbaren Folgen des Virus, und die Folgen der Finanzkrise von 2008 wären dagegen nur ein Lercherlschas gewesen.
Nur ein einziger der Interviewten hielt in Berlin direkt (Themenschwerpunkt: „Exit-Strategie gesucht“) noch dagegen gegen diese Übermacht, die sich da für den Primat der Wirtschaft ins Zeug warf: Helge Braun, Chef des Bundeskanzleramtes, sagte, Ziel der Regierung sei es weiterhin, die Infektionskurve so weit abzuflachen, dass das deutsche Gesundheitssystem nicht wie in Italien oder den USA überlastet werde und auf dass für jede und jeden Erkrankten eine adäquate Behandlung garantiert sei. Für dieses „Minimalziel“, wie er es nannte, müssten die Kontaktbeschränkungen noch ein paar Wochen lang aufrecht erhalten werden. Und er wurde daraufhin vom Moderator Theo Koll aber auch schon dermaßen mit Nachfragen gelöchert und beinahe schon unanständig in die Enge getrieben: Ja, aber wenn die Kurve dann flach genug sein wird, dann werden die Einschränkungen aber umgehend wieder aufgehoben? Dieses würde zwar keinen Sinn machen und drohte, die bisherigen Erfolge in der Infektionsvermeidung umgehend wieder zunichte zu machen - aber Kolls Impetus bei diesen anscheinend von keinerlei Sachkenntnis getrübten Nachfragen war doch jedenfalls der eines sehr, sehr kritisch nachfragenden Investigativjournalisten.
Besonders perfide an den beiden ZDF-Sendungen war die mehrmalige Koppelung des Topos von der „Wiederherstellung der bürgerlichen Grundrechte und Freiheiten“ mit dem interessiert intendierten Wiederhochfahren der Wirtschaft, bei gleichzeitigem konsequenten Verschweigen jeder Erwähnung, dass damit auch kaltblütig der zu rettenden Wirtschaft viele Menschenopfer dargebracht würden.
Dass das ZDF konservativer ausgerichtet ist als die ARD, ist allbekannt. Aber solch ein einseitig wirtschaftsliberales Einstimmen und Einschwören des Publikums nach gerade einmal einer Woche heruntergefahrener Wirtschaft auf deren Primat gegenüber der der Seuchenbekämpfung hatte ich nicht erwartet. Menschenverachtender Dreckssender!
31. März 2020
Orban did it
Viktor Orban regiert jetzt per Verordnung. Von einem Corona-Putsch kann keine Rede sein. Außergewöhnliche Situationen erfordern nun einmal außergewöhnliche Maßnahmen. Es geht ihm nur rein um die Sache. Ohne Parlament und Wahlen im Land wird sein auch bisher schon äußerst kompetent, ja, nichts weniger als brillant geführter Kampf gegen die Seuche noch effektiver werden. Mit den ihm zugestandenen Vollmachten wird er dem Virus in kürzester Frist den Garaus machen und er wird dann auch umgehend das Parlament und die Demokratie wieder in ihre Rechte setzen.
Ungarn zu besuchen, da muss ich mich jetzt aber hüten! Denn für Falschmeldungen im Zusammenhang mit den ungarischen Anti-Corona-Maßnahmen werden in dem verabschiedeten Gesetzespaket mehrjährige Haftstrafen angedroht.
31. März 2020
Primat der Wirtschaft, die dritte
Bei der gestrigen Pressekonferenz der Regierung zur Evaluierung der bisherigen Maßnahmen in Österreich war das Gute, dass meine an den Tagen zuvor geäußerten Befürchtungen, es werde jetzt auch hier wie in Deutschland ein Primat der Wirtschaft sich gegenüber dem der Virusbekämpfung mehr und mehr in den Vordergrund drängen, nicht bestätigt wurden. Nicht eine einzige Silbe war in dieser Richtung zu vernehmen.
Auch in dieser Hinsicht ist Österreich also mal wieder eine Insel der Seligen. Aber die Maßnahmen hatten - das war das Bedrückende - noch nicht den gewünschten Erfolg und müssen noch nachgeschärft werden. Die relative Ruhe auf unserer Insel ist leider auch nur eine vor dem Sturm.
31. März 2020
Kurzarbeit
Der Vizekanzler, der Gesundheitsminister, selbst der ÖVP-Innenminister wenden sich bei den Pressekonferenzen der Regierung an „alle Menschen, die in Österreich leben“. Nur der Bundeskanzler bleibt dabei und richtet sich weiterhin nur an die „lieben Österreicherinnen und Österreicher“.
Ist's eine dumme Angewohnheit? Ist's kindlicher Trotz? Nein, es ist sein eiskalt getroffener Beschluss, weiterhin die Hunderttausende Menschen im Land, die ohnehin nicht mitbestimmen und ihn wählen oder nicht wählen können, demonstrativ zu missachten und damit seine WählerInnen mit blauen Neigungen und Tendenzen zu bebauchpinseln und bei der patriotisch eregierten Stange zu halten.
Als EU-Ausländer im Land bin ich dann also, denke ich mir dann, nicht mitgemeint bei dem, was der Typ gerade so zu sagen hat? Ich selbst muss dann also nicht fürderhin im Supermarkt so einen gewiss recht unbequemen und lästigen Mund- und Nasenschutz tragen? Er schützt ja auch bekanntlich nicht vor eigener Ansteckung, sondern nur, wenn man selbst infiziert ist, die anderen. Das ist aber schön, denke ich mir dann, dass ihr Kanzler all die potentiell verseuchten Österreicherinnen und Österreicher dazu anhält, mich möglichst nicht anzustecken.
Und noch schöner fände ich es, wenn bald auch noch eine Maske erfunden würde, die man dem Kurz aufziehen kann, um ihn zu hindern, solche schädlichen, auf lange Sicht manchmal tödlichen und sich auf identitär-inzestiösem Wege weiterverbreitenden Nationalismuserreger in die Welt zu entsenden.