Arjen Robben
Niederlande gegen Mexiko. Arjen Robben spielt weiter das Turnier seines Lebens. Vorne rechts bindet er, indem er seinen „Robben“ stets auf Lager hat - sein bekanntes Manöver: schnell nach links innen zu ziehen und von der Strafraumgrenze mit seinem knallharten linken Fuß abzuschließen - immer zwei Verteidiger. Er ist dazu nicht mehr so eigensinnig wie früher. Er findet zur Zeit immer die richtige Lösung: Spiele ich ab oder suche ich selbst den Abschluss? Er arbeitet nach hinten mit. Er holt sich von hinten die Bälle. Er ist überall zu finden. Er rennt und rennt und rennt.
Robben ist auf dem besten Wege, zum Spieler des Turniers zu werden. (Zusammen mit dem kolumbianischen Shooting Star James Rodriguez, den vorher kaum jemand auf der Rechnung hatte, und der in der Torschützenliste momentan vorne liegt; mit Neymar, der für Brasilien das Spiel und auch die Tore macht und, was nicht das geringste ist: gleichzeitig Superstar und auch Elfmeterspezialist ist; und vielleicht noch mit dem Deutschen Toni Kroos. Dieser fällt zwar dem normalen Zuschauer nur selten einmal auf, weil er kaum spektakuläre Aktionen hat, aber spätestens seit die Anzahl der Ballkontakte und der angekommenen wie verhauten Pässe aller Spieler vollelektronisch erfasst werden, steht Kroos mit seinen einsamen Spitzenwerten in diesen Kategorien auf dem Einkaufszettel sämtlicher Spitzenclubs.)
Und trotzdem wird Robben nicht zum Spieler des Turniers werden. Der Grund ist seine Fallsucht. Er rennt nicht nur, und rennt und rennt. Er fällt auch ständig, und er fällt, und fällt.
Es ist grob unsportlich! Es ist ärgerlich. Es bringt auch nicht viel, im Endeffekt. Zu Beginn der ersten Halbzeit sahen wir eine sehr mittelmäßige Schwalbe von ihm. Zum Ende der ersten Halbzeit wäre ihm dann sogar, wie die Zeitlupe gezeigt hat, ein Elfmeter zuzusprechen gewesen, aber wieder fiel er da äußerst theatralisch. Und deshalb bekam er den Elfer nicht! Es ist natürlich vom Schiedsrichter, wenn er da schon nicht auf Elfmeter, sondern auf allgemein bekannte Robbensche Fallsucht entscheidet, inkonsequent, ihm dann nicht auch wegen der Schwalbe eine Verwarnung zu geben. Aber das zog sich durch bei diesem Turnier. Ganze Schwärme von Schwalben gab es bei diesem Turnier, und nicht auch nur eine einzige wurde bisher, wie es eigentlich im Regelwerk steht, mit einer Gelben Karte geahndet.
Und genau darum ging dieses auch so weiter, auch heute, bis ganz zum Ende des Spiels. In der allerletzten Minute, in der vierten Minute der Nachspielzeit steht es 1:1. Hektik im Strafraum. Robben wird, die Zeitlupe wird es zeigen, im Strafraum ein Bein gestellt. Wieder reißt er reflexhaft die Arme in die Luft und dann lässt er sich gegen den nächststehenden mexikanischen Verteidiger fallen. Diesmal entscheidet der Referee auf Elfmeter. In der letzten Minute der Nachspielzeit! Man kann sich nun vorstellen: Das gab viel böses Blut. In der anschließenden Pressekonferenz erinnerte der mexikanische Trainer Herrera wutschäumend daran, wie auch der Brasilianer Fred gegen Mexiko immer wieder gefallen war. Fred ist auch so ein Spezialist. Er hat im Eröffnungsspiel gegen Kroatien einen Elfer geschunden und ist seitdem noch oft gefallen und damit und im Grunde nur damit aufgefallen in dem Turnier. Elfer hat er keine mehr erhalten für seine Sperezchen, aber eben auch keine Gelben Karten! Und so geht das Schwalbenunwesen der beiden Spezialisten Fred und Robben und von einer Menge von Gelegenheitsseglern jetzt munter immer so weiter.
Was spräche eigentlich dagegen, sich diese Situation aus der 94. Minute zum Präzedenzfall zu nehmen für eine Regeländerung? Der Elfmeter gegen Mexiko war berechtigt. Das theatralische Fallen Robbens andererseits zielte auf eine Beeinflussung des Referees ab und war eine Unsportlichkeit. Dem sollte eine Grenze gesetzt werden. Was spräche dagegen, wenn es dem Schiedsrichter ermöglicht würde, sowohl einen berechtigten Strafstoß zu geben als auch dem Angreifer eine Gelbe Karte zu zeigen wegen unsportlicher Theatralik? Vielleicht wären diese beiden sich vordergründig widersprechenden Entscheidungen dem Publikum relativ schwer zu vermitteln. Dies könnte dagegen sprechen. Aber jedenfalls muss dem massenhaften Geschwalbe ganz dringend Einhalt geboten werden.