Gut erholt und braun gebrannt kam das Lektoratspersonal nach und nach aus den Sommerferien zurück und nahm seine Arbeit an uns wieder auf. Aber die kompetente Routine und routinierte Effizienz, mit der wir zuvor abgearbeitet wurden, will sich aus irgendeinem Grund nicht wieder einstellen. Ständig läutet das Telefon und haben die Lektoren andernorts im Gebäude zu tun. Wo sie uns zuvor acht Stunden und mehr am Tag konzentriert begutachtet und sich gewissenhaft Notizen zu jedem einzelnen von uns gemacht haben, sind wir jetzt offenbar zu einer lästigen Nebensache geworden, die, wenn mal ein halbes Stündchen Zeit bleibt, auch noch zu tun ist. Ganz so benimmt sich das Personal, wenn es zu uns in die Räume kommt. Es benimmt sich, als wäre das hier ein Pausenraum, oder ein Raucherzimmer. Da wird sich dann von den Lektoren hastig eine angesteckt, oder sie verspeisen auf uns ihre Pizzaservicepizza, und würdigen uns allenfalls nebenbei noch eines Blicks.
Auf dem „Retournieren“-Stapel landete so mancher von uns aber gleichwohl. Den größten Schrecken unter uns verbreitet zur Zeit die Lektoratsassistentin L. Allabendlich kommt sie noch einmal ins Lektorat, wenn sonst schon keiner mehr da ist, und sucht sich noch 20 oder 30 Manuskriptkollegen zum Retournieren aus – allein aufgrund unserer Titel!
Wir bekamen dann freilich doch auch mit, woran es lag, dass alle die kompetente Sorgfalt im Umgang mit uns nun plötzlich dahin ist. Die Frankfurter Buchmesse wirft ihre Schatten voraus, und den Verlagsauftritt dort vorzubereiten beansprucht im Verlag sämtliche Kräfte. Aber dass wir jetzt wissen, woran es liegt, dass wir so stiefmütterlich behandelt werden, ist kein Trost. Ganz im Gegenteil! Denn damit ist jetzt auch klar geworden, dass auch nicht ein einziger von uns, wie wir hier zusammen liegen, in diesem Jahr und im kommenden Frühjahrsprogramm, wenn nicht gar bis in den nächsten Herbst hinein die Möglichkeit erhalten wird, von unserem entwürdigenden, jetzt zum Teil schon ziemlich angestaubten Manuskriptzustand die ersehnte Metamorphose durchzumachen zu einem bunten, durch die Literaturwelten flatternden oder, je nach persönlicher Neigung, zum glücklich über weiten Bücherregallandschaften dahinschwebenden, richtigen Buch.