Tagebuch (2016 bis 2018):

Nur sehr
selten bespielt …

15. März 2016

Wer holt sich den Physiknobelpreis ab?

Meine schriftstellerische Karriere ist ja gewiss nicht so super berauschend verlaufen. Aber manchmal, sehr selten hatte ich beim Schreiben doch auch ein großes Menschheitsrätsel lösen können, musste dann manchmal laut lachen, weil die Lösung so verblüffend einfach war, habe es dann immer umgehend in meinem „Literarischen Zeitvertreib“ veröffentlicht und, weil der ja nur eine sehr begrenzte Verbreitung findet, selbstredend auch ins Internet gestellt.

Der Text, von dem hier die Rede ist, erschien bereits 1998, und ist seit 2008 online. Er vermischt ja gewiss seinen schwergewichtigen physikalischen Kern auch mit Medienkritik (am Spiegel nämlich und an der Fernsehdokumentation von Karl Simmering „Schneller als das Licht?“), ist dazu bis jetzt auch noch nicht in der Wissenschaftssprache, auf Englisch erschienen, aber ich habe ihn schon mehrmals, wenn mir richtige Physiker über den Weg gelaufen sind, mit ihnen diskutiert. Sie hatten mir dann im Grundsatz immer recht gegeben, und allenfalls kritisch angemerkt, dass ich als interessierter Laie natürlich den dazugehörigen mathematischen Formelkram nicht hatte beisteuern können. Dann sollten sie das doch machen, hatte ich dann stets angeregt, und sich den Nobelpreis dafür abholen, und mir vielleicht ein paar Tausender davon abgeben. Aber bis jetzt hat das niemand gemacht, und so musste ich erst kürzlich wieder im Fernsehen von dem ungelösten Menschheitsrätsel hören, das ich doch schon längst gelöst habe.

Morgan Freeman war es diesmal, in der Serie „Mysterien des Weltalls“ auf ZDFinfo, und wieder unter dem Titel „Schneller als das Licht“, der das Problem in der folgenden Variante dargestellt hatte: Wenn man die Expansion des Weltalls gedanklich umdreht und zurückrechnet, kommt man darauf, dass es vor etwa 14 Milliarden Jahren den Urknall gegeben haben muss. Das ist allgemein bekannt. Aber bereits seit Einsteins Zeiten und Berechnungen gibt es dabei ein Problem: Die Materie ist nämlich heute viel gleichmäßiger im Weltraum verteilt, als es nach jenem Standardmodell der Fall sein dürfte. Nur eine rätselhafte kurze Phase, unmittelbar nach dem Urknall, in der sich das Universum mit Überlichtgeschwindigkeit ausgebreitet haben muss, könnte den heutigen Zustand erklären. Dies aber ist bekanntlich seit Einsteins Relativitätstheorie verboten: dass sich Information - und das Universum ist eine Menge an Information - mit Überlichtgeschwindigkeit ausbreitet.

Morgan Freeman, der die Serie auch mitproduziert hat, bot auch noch eine Lösung des Problems an, von der ich bisher noch nicht gehört hatte. Wenn in jener Frühphase die Lichtgeschwindigkeit vielleicht anders gewesen ist, schneller als heute, dann hätte sich das Universum damals schneller ausbreiten können als das heutige Licht, auch ohne gegen die damals noch zulässige Höchstgeschwindigkeitsgrenze zu verstoßen. So werde das heute, erörterte Freeman, manchmal diskutiert.

Es könnte so gewesen sein. Vielleicht war das Licht tatsächlich früher schneller als heute. Aber meine Erklärung kommt auch ohne solche unbekannten und unbewiesenen Phänomene und Spekulationen aus. Ich sage bloß: „Tunnel“.

In dem erwähnten Text von 1998 war es um die sog. Tunnelexperimente gegangen. Wenn man Licht durch teildurchlässige Spiegel oder auch Wellen durch „zu enge“ Rohrstücke schickt, dann kommt ein Teil des Anfangssignals am Ende des Tunnels heraus „schneller als das Licht“. Man hatte es mit Uhren gemessen. Zweifache Lichtgeschwindigkeit, vierfache, sechsfache. Man hatte sogar negative Zeiten errechnet, bei dem dann kurioserweise früher etwas am Ende des Tunnels herauskam als es am Anfang hineingeschickt wurde. War damit sogar das Prinzip von Ursache und Wirkung außer Kraft gesetzt? Ein großes Rätsel schien das zu sein, mit philosophischen Dimensionen.

Wieder und wieder hatte ich mir damals Karl Simmerings Reportage „Schneller als das Licht?“ angesehen. Und ich hatte den Fehler gefunden!

An einer Stelle hieß es da, dass die Länge des Tunnels keine Rolle spielen würde. Der Signalaustritt am Ende des Tunnels geschehe nämlich instantan. Im Tunnel vergeht keine Zeit. Diese sofort auftretenden „geisterhaften Fernwirkungen“ sind jetzt schon oft nachgewiesen und untersucht worden. Man hat es mit sehr genau gehenden Uhren gemessen, dass das Signal am Ende eines solchen Tunnels „schneller“ austritt als das sich ungehindert ausbreitende Licht.

Als notorischer Uhrenfeind hatte ich den Denkfehler natürlich bemerkt, der da die Philosophen und Physiker bis hinauf zum Nobelpreisträger von Überlichtgeschwindigkeiten, vom Widerlegen Einsteins und sogar von negativen Zeiten faseln ließ, bei denen etwas früher ankommt, als es losgeschickt wurde. Weidlich hatte ich mich darüber amüsiert, wie sie da versucht hatten, mit Uhren eine Zeit zu stoppen, die überhaupt nicht vergeht. Das korrekte Messergebnis hätte natürlich immer schlicht Null lauten müssen. Aber keine Uhr der Welt ist genau genug geeicht, um eine Zeitspanne zu vermessen, die es nicht gibt.

Wenn etwas sofort geschieht - und das war nun die Lösung des Problems! - dann handelt es sich dabei nicht um eine Geschwindigkeit! Von Überlichtgeschwindigkeit kann keine Rede sein, wenn keine Zeit vergeht. Denn Geschwindigkeit ist bekanntlich definiert als Strecke, geteilt durch Zeit. Und etwas durch Null zu teilen - das ist doch wirklich das kleine Einmaleins! - ist ganz Ä-Bäh! Geht. Gar. Nicht.

Aus jenen Gesprächen mit Physikern weiß ich nun, dass es sehr wohl eine höhere Mathematik gibt, in der auch durch Null geteilt werden kann. Das wäre dann eben das mit dem bei mir noch fehlenden mathematischen Apparat.

Aber das ändert ja nichts an meiner Erkenntnis, dass ein Tunnel- oder instantan auftretender Effekt keine Geschwindigkeit ist oder hat, was definiert wäre als Strecke, geteilt durch Zeit, weil bei diesen Versuchsanordnungen erstens die Länge der Strecke völlig wurscht ist, weil im Tunnel zweitens eh keine Zeit vergeht.

Die angeblich überlichtschnelle Expansion in der Frühphase des Universums - ich möchte was wetten - war ebenfalls solch ein Tunneleffekt, und hatte somit keine Geschwindigkeit! Geschwindigkeiten mit instantanen Effekten ist wie Äpfel mit Birnen vergleichen. So lässt sich ein Einstein ganz gewiss nicht widerlegen.

Welche Physikerin oder welcher Physiker macht jetzt noch den entsprechenden Formelkram dazu, (wo dann vielleicht auch durch Null geteilt wird,) und holt sich dafür den Nobelpreis ab? Ein paar Tausender davon wären ganz nett, für den Tipp, wie gesagt.

[ Im Mai und Juni 2016 ]

A New YouTube-Star is Born!

Während der Fußball-EM habe ich mich ins Videofach begeben und bin ich mit meinem „EM-Block“ unter die YouTube-Blogger gegangen.

Der hübscheste Clip ist meiner Meinung nach dieser hier geworden: -


Kurz ist er, witzig, aber mit Abstand bekam natürlich genau dieser wieder die wenigsten Klicks! Das ist halt mal wieder typisch YouTube!

13. August 2016

Was für ein Sommer!

Jeden Tag Terror, irgendwo auf der Welt.
Aber gegen all den Sport kommt er nicht an.

22. August 2016

Fazit von Rio

Die Wiederaufnahme von Rugby ins Programm mit der Goldmedaille für die Fidschi-Inseln oder Usain Bolts Auftritte waren schon Highlights, aber von diesen Ausreißern einmal abgesehen muss ich sagen: Wenn man schon zehnmal die Olympischen Spiele gesehen hat, hat man sie alle gesehen.

06. Mai 2017

Rechtsextremisten bei der Bundeswehr?
Könnt Ihr nicht auch mal was Neues berichten?

Vor bald zwanzig Jahren, im März 1998 erschien der Literarische Zeitvertreib Nr. 8. Sein umfangreichster Text – tja, der zieht sich schon wirklich … – war eine sog. „Langzeituntersuchung“ der Berichterstattung meines damaligen Leib- und Magenschmerzenblattes, der Nürnberger Nachrichten, über die sich zu der damaligen Zeit auffällig häufenden rechtsextremistischen Vorfälle bei der Bundeswehr.

2008, also vor bald zehn Jahren, war der Text hier schon einmal „Text der Woche“. Und das ist nun eben auch der Hauptgrund, warum ich dies Tagebuch hier kaum noch befülle: Es steht schon alles drin.

Aus aktuellem Anlass - obwohl man streng genommen bei einem zwanzig Jahre alten Hut bzw. Stahlhelm nicht mehr wirklich von „aktuell“ sprechen kann - stelle ich den Text jetzt hier noch einmal genau so wie anlässlich seines zehnjährigen Bestehens vor zehn Jahren hin.

Text der Woche:

Eine Nürnberger Nachrichten – Langzeituntersuchung von 1997/98:
Tendenzen und sowas bei der Bundeswehr

16. / 17. 8. 1997: Im nordrhein-westfälischen Detmold machen neun Bundeswehrsoldaten Jagd auf Ausländer. Im bayerischen Hammelburg drehen Soldaten makabre Videos mit gespielten Vergewaltigungen und Hinrichtungen. Im brandenburgischen Trebnin schlägt ein Soldat einen italienischen Bauarbeiter zum lebenslangen Krüppel. In Bosnien … Im sächsischen Schneeberg … Und nun Dresden. Zuviel in einem Jahr, um noch von Einzelfällen sprechen zu können? …


Hier können Sie sich die gesammelten Einzelfälle von 1997 / Anfang 1998 noch einmal zu Gemüte führen.

05. Mai 2018


Karl Marx wurde 200 -

Eine Feier im Perinetkeller in Wien


Zwei Beiträge durfte ich beisteuern. Zum Einstieg lief mein Video „Was macht eigentlich Karl Marx heute?“


Und zum zweiten gab ich noch den launigen Kommentar zum Besten: -

Depperte 0-Euro_Scheine


Depperte Null-Euro-Scheine

Karl Marx‘ Geburtsstadt Trier hat zu seinem 200. Geburtstag lustige Geldscheine drucken lassen, Null-Euro-Scheine mit seinem Konterfei.

Marx, wenn er das wüsste, er würde sich nicht nur mürrisch im Grab umdrehen, nein, wie sonst nur eine Uma Thurmann würde er die Fäuste ballen, den Sarg sprengen, sich ans Tageslicht graben, den Ärmelkanal über- oder unterqueren und sich nach Trier begeben und den verantwortlichen Leuten diese depperten Null-Euro-Scheine in den Rachen stopfen


Den ganzen Vortrag finden Sie hier.

28. September 2018


Was der Reichsinnenminister Frick zur Aussendung aus Kickls Haus meint


Es ist bald schon 20 Jahre her, da war in Deutschland darüber debattiert worden, ob es zivilisiert werden, bzw. ob es das bleiben sollte. (Das hing vom Standpunkt ab.) In meinem Literarischen Zeitvertreib Nr. 2 vom Jänner 1997 hatte ich die Kontroverse dargestellt.

Der Deutsche Presserat war 40 Jahre alt geworden, und mein damaliges Leib- und Magenschmerzenblatt, die Nürnberger Nachrichten, hatten dies zum Anlass genommen, sein segensreiches Wirken darzustellen. „Niemand weiß“, hatte es da geheißen, „wie sich das Niveau der Berichterstattung ohne die moralische Instanz in vier Jahrzehnten entwickelt hätte.“ Und am Ende des Artikels: „Keine Milde finden auch Berichte, in denen ohne besonderen Grund die Zugehörigkeit eines Täters zu einer ethnischen Gruppe hervorgehoben wird.“

Genau dies zu tun, nämlich die Nationalität und ethnische Zugehörigkeit von Straftätern grundsätzlich bekannt zu geben, also auch ohne „besonderen Grund“, das heißt, auch wenn es zum Verständnis der Umstände nichts beiträgt, wurde kürzlich in einer Aussendung aus dem FPÖ-geführten Innenministerium an die österreichischen Polizeipressestellen … nein, nicht verbindlich vorgeschrieben, wie nach dem Bekanntwerden nachgeschoben wurde, sondern nur so ganz „unverbindlich angeregt“.

Zurück zu meinem Artikel von 1997. Jener Geburtstagsglückwunsch der Nürnberger Nachrichten hatte mich zu einer meiner Studien angeregt. Ich hatte die Kriminalberichterstattung der Nürnberger Nachrichten in den Monaten Oktober und November 1996 untersucht, und dabei 68 Berichte und Meldungen gefunden, in denen die Zugehörigkeit von Tätern und Täterinnen, von dessen Verdächtigten und auch von Opfern und Zeugen von Straftaten zu Minderheiten erwähnt worden war.

Und ich hatte die Meldungen analysiert. Trug die Nennung der Nationalität des Straftäters irgend etwas zum Verständnis des Kontextes bei? Oftmals schon, zum Beispiel bei den sogenannten „Ehrenverbrechen“. Oftmals auch nicht. Oft war damit „nur“ eine ganze Bevölkerungsgruppe mit bestimmten Verbrechen in Verbindung gesetzt worden, ohne jeden weiteren erkennbaren Sinn.

Im Einzelfall war es oft schwer gewesen, abzuwägen zwischen dem nützlichen Informationszuwachs durch solch eine Nationalitätennennung und ihrer schädlichen, die ganze betreffende Gruppe stigmatisierenden Haupt- oder Nebenwirkung. Wenn da im Zuge einer offenen Fahndung ein „südländisches Aussehen“ oder ein „osteuropäischer Akzent“ erwähnt wurde, mochte das aus Polizeisicht hilfreich gewesen sein. Aber wie war es, in derselben Logik bleibend, zu beurteilen, wenn der Verdächtige schon gefasst worden war?

Manche dieser Fälle beurteile ich heute anders als damals. (Es wäre auch verwunderlich, wenn das nicht so wäre.) Jedenfalls hatte ich damals bei etwa der Hälfte jener Meldungen wenig bis keinen Informationsgehalt finden können, der die potentiell volksverhetzende Wirkung hätte rechtfertigen können. Und es waren ein paar Ausreißer dabei, krasse Fälle, die ganz unzweifelhaft hätten gerügt werden müssen, wenn solches denn tatsächlich beim Presserat „keine Milde“ gefunden hätte damals, wie es in der Geburtstagslaudatio der Nürnberger Nachrichten geheißen hatte. Wenn es sich etwa um reine Spekulationen gehandelt hatte. (Wie bei den Mitgliedern eines „asiatischen Zigarettenschmugglerrings“, die sich letztlich als Deutsche und Belgier erwiesen hatten.) Erst recht, wenn da Verbrechensopfern Mafiahintergründe oder Gangsterrivalitäten unterstellt worden waren. (Und in einem Fall hatte das von der Polizei sogar hochoffiziell zurückgenommen werden müssen.)

Was war da los? Die Nürnberger Nachrichten schrieben dem Deutschen Presserat unkritische Geburtstagsglückwünsche und er rüffelte sie dafür nicht? So hatte mein polemisch zugespitztes Zwischenfazit gelautet.

Und ich hatte versucht, der Sache weiter auf den Grund zu gehen, und bei meinen Recherchen war ich auf eine schon länger andauernde Auseinandersetzung zwischen dem Zentralrat Deutscher Sinti und Roma und dem Deutschen Presserat gestoßen. Romani Rose hatte sie im Buch „Medien mögen's weiß - Rassismus im Nachrichtengeschäft“ (herausgegeben von Ralf Koch, dtv, 1996) dargelegt. Er hatte dazu geschrieben: -

Bezüglich dieser Pressepraxis gegenüber ethnischen, religiösen und anderen Minderheiten gibt es in Deutschland eine besondere Erfahrung, die wir nicht vergessen dürfen. Am 7. Dezember 1935 ordnete Hitlers Reichsinnenminister Wilhelm Frick gegenüber den Behörden an, „bei Mitteilungen an die Presse in allen Fällen, in denen strafbare Handlungen von Juden begangen wurden, dies auch besonders zum Ausdruck zu bringen.“

Die Nationalsozialisten wußten ganz genau, welche vorurteilsbestärkenden Effekte beim Leser Schlagzeilen und Zeitungsartikel bewirken konnten, in denen „berichtet“ wurde: „Internationaler Jüdischer Gauner gesucht“ oder „Jüdische Altwarengeschäfte als Hehlerzentralen der Diebes- und Einbrecherbanden enttarnt“.

Mit dieser öffentlichen Propaganda begann für die Juden genau so systematisch wie für die Sinti und Roma die gesellschaftliche Ausgrenzung, an deren Ende der Holocaust stand. Deshalb kann und muß heute von den Medien des demokratischen Rechtsstaates Bundesrepublik Deutschland auf Grundlage der Verfassung eine besondere Verantwortung verlangt werden.

Im Unterschied zum Nationalsozialismus ist es ein Grundprinzip unseres Rechtsstaats, daß ein eventuelles Fehlverhalten eines Menschen nicht mit seiner eventuellen Zugehörigkeit zu einer ethnischen oder religiösen Minderheit oder mit seiner Hautfarbe in Verbindung gebracht werden darf. Dieses grundlegende Rechtsprinzip wird jedoch von nahezu allen deutschen Medien seit 1945 gegenüber Sinti und Roma immer wieder mißachtet. In einem demokratischen Rechtsstaat hat Fehlverhalten jeder einzelne Bürger für sich allein zu verantworten. Der Hinweis ohne zwingenden Sachbezug auf die Minderheiten-Zugehörigkeit oder die Hautfarbe eines Beschuldigten bei der Berichterstattung über den Hergang von eventuell strafbarem Verhalten ist ein Mißbrauch der Pressefreiheit. Ein Mißbrauch, der in keiner Weise durch das Grundgesetz geschützt ist. Er dient nicht der sogenannten „freien Information“ über angebliche „objektive Tatsachen“, sondern ausschließlich der diskriminierenden Stimmungsmache gegen Minderheiten. Eine Stimmungsmache, die verfassungsfeindlichen Organisationen nützt und der Demokratie schadet. Der für das Verständnis des berichteten Vorgangs nicht erforderliche Hinweis auf die ethnische oder religiöse Zugehörigkeit eines Beschuldigten oder auf dessen Hautfarbe wirkt objektiv volksverhetzend, vorurteilsschürend und als Aufstachelung zum Rassenhaß.

Nachdem der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma mit seinen Beschwerden über diese Pressepraxis bei verschiedenen Medien nichts erreicht hatte, hätte er zu der Frage auch, heißt es in Romani Roses Text weiter, ein verfassungsrechtliches Gutachten beim Verfassungrichter i. R. Helmut Simon in Auftrag gegeben. Darin heißt es unter anderem: -

Schon der formal wahrheitsgemäße Hinweis auf die Zugehörigkeit zu einer ethnischen Minderheit [kann] bei einer Beschuldigung als Ausgrenzung und als Mittel zur Diskriminierung ausreichen. Er suggeriert den Eindruck, das Fehlverhalten des einzelnen Beschuldigten sei auch bei anderen Angehörigen der Minderheit zu befürchten. Weshalb wird er sonst gebracht? Der Verfasser eines Berichts muß ja irgendeinen Grund für diese Mitteilung haben. [...] Es ist ein ähnlicher Vorgang wie im „Dritten Reich“, als durch sogenannte „Tatsachenberichte“, daß ein Beschuldigter auch noch Jude sei, ein negatives Stimmungsbild erzeugt wurde. [...] Artikel 3 Absatz 3 Grundgesetz verpflichtet den Staat, durch weitergehende Schutzvorkehrungen Diskriminierungen entgegenzuwirken. Kraft dieser Schutzpflicht ist der Gesetzgeber auch berechtigt, Einschränkungen der Meinungs- und Pressefreiheit anzuordnen.

Mit diesem Gutachten hätte sich der Zentralrat auch wiederholt an den Presserat gewandt, heißt es abschließend in Roses Text. Und er sei damit, um mit dieser Rückschau in die Jahre 1996/97 zum Ende zu kommen, weitgehend auf taube Ohren gestoßen. Die alltägliche Praxis in den deutschen populistischen Medien zeigt es bis heute: Der Deutsche Presserat rüffelt nur in besonders krassen Einzelfällen. Und man kann gewiss davon ausgehen, dass diese während all der Jahre alltäglich variierte Stimmungsmache gegen Minderheiten auch sicher nicht ohne Wirkung geblieben ist.

Und wie geht es nun in Österreich weiter? Kickls Versicherung, bei der Aussendung an die Polizeipressestellen handele es sich nicht um eine verbindliche Weisung, sondern nur um eine unverbindliche Anregung, nur um einen kleinen Denkanstoß sozusagen, macht es um keinen Deut besser. Alleine schon, weil er bei den Adressaten ernst-, an- und aufgenommen werden wird.

Salzburgs Polizeisprecher Michael Rausch hat es in einem Standard-Interview gestern bestätigt. Und angemerkt, dass die Nennung des Asylstatus oder der Nationalität von Straftätern bei ihnen aber eh schon lange Usus ist. Sie würden damit schlicht und einfach umfassend verlautbaren, und was die Presse mit diesen Informationen dann anstellen würde, falle nicht mehr in seine Verantwortung.

Sie macht damit Stimmung, jeden Tag, die österreichische Schmutzpresse. Sie spaltet die Gesellschaft. Sie liefert dem Rassisten Argumente. Wenn man zu Empathie fähig ist, dann spürt man das. Der Polizeisprecher Michael Rausch macht es sich zu leicht.

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